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Von der Türklinke bis zur Orgel

Was einen Kamenzer Kirchengetalter bewegt

Kamenz - "Meine ganze Kunst ist religiös", sagt Gottfried Zawadzki. 70 Kirchenräume - zum Teil ehemalige Scheunen, Tanzsäle oder Schulgebäude - hat der Kamenzer Maler und Grafiker oft von der Türklinke bis zur Orgel neu gestaltet, außerdem rund 500 Glasfenster entworfen.

Fensterbilder, erläutert der 78-Jährige, bräuchten keine religiösen Themen wie zur Zeit der Nazarener. Sie könnten einfach ein "Spiel mit Licht" sein. Eine Bedingung aber hat "wirkliche Kunst" für den katholischen Christen zu erfüllen: Sie müsse abstrakt sein, "weil Glaube total abstrakt ist". Religiöse Inhalte ließen sich nämlich nicht "anfassen". Zawadzki wörtlich: "Ich kann mich nur in dieses Wunder fallen lassen und glauben."

Mit seiner Arbeit versuche er, das "unglaublich Große der Schöpfung" im Kleinen nachzuvollziehen, schließlich gebe es nichts Neues in der Kunst. Alles sei im Geheimnis der Schöpfung bereits vorhanden. Es komme darauf an, es wahrzunehmen - in den Wasserpfützen, den Wolken und der Baumrinde - und das Gesehene später umzusetzen.

Beim Malen, erklärt Zawadzki, spüre er "mehr Sicherheit im Glaubensgebäude", als wenn er "in der Kirche sitze". Auch könnten Pinsel und Farbe für ihn Medizin sein und ihm - je nach Thema - helfen, Spannung zu beseitigen oder Freude auszudrücken. Vor zwei Jahren etwa, als ihm gekündigt wurde, und er sein Atelier nicht länger in einem "verfallenen Seitengebäude" lassen durfte, schuf er das "Triptychon in Rot": ein dreiteiliges Gemälde in intensivem, feurigem Dunkelrot, entstanden vor dem Hintergrund der neutestamentlichen Offenbarung.

Auf Schwierigkeiten stieß Zawadzki bei seiner Arbeit auch schon zu DDR-Zeiten. In den 80er Jahren musste er zum Beispiel seine Kreuzwegstationen, hinter der Rückbank seines Trabbis verborgen und mit Decken verhüllt, über die tschechische Grenze schmuggeln.

Mit Bedrängendem fertig werden und seiner Seele "Luft machen" kann Zawadzki mit Hilfe der Kunst. Häufig greift er zum Beispiel Anklagethemen auf, etwa die Konzentrationslager des Naziregimes, symbolhaft angedeutet in Gestalt menschlicher Haut. Kritisch sieht der Maler die fortschreitende Umweltzerstörung. Er versteht sich mit seinem künstlerischen Schaffen deshalb auch als Mahner.

Besonders lieb gewonnen hat er ein Bild mit einem ganz anderen Motiv: Gut zwanzig Jahre ist es alt, zeigt schwarz gekleidete Menschen, die von allen Seiten auf einen dunklen Eingang zuströmen. Schon immer habe es ihn beeindruckt, erläutert Zawadzki, wie die "alten, treuen Gläubigen der Lausitz" bei "jedem Wind und Wetter" zum Gottesdienst gingen.

Wichtig ist dem Kamenzer auch das Miteinander mit seinem bereits verstorbenen Künstlerkollegen Friedrich Preß. Gemeinsam hätten sie versucht, den Menschen "etwas Neues" zu geben. So platzierten sie den Altartisch schon vor dem Zweiten Vatikanischen Konzil frei im Kirchenraum und nicht mehr vorne an der Wand. Das Konzil, meint Zawadzki, habe ihnen Recht gegeben. Letztlich hätten sich ihre Ideen durchgesetzt.

Karin Hammermaier

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 2 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 14.01.2001

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