Immer mehr fallen durchs Netz
Regionalkonferenz der Selbsthilfe im Eichsfeld / Sparkurs bei der Suchtberatung kritisiert
Leinefelde (as) -Alkohol ist die Volksdroge Nummer eins. Vorsichtige Schätzungen gehen von rund zweieinhalb Millionen Abhängigen in Deutschland aus, Tendenz steigend. Jeden kann es treffen. Und wer einmal in den Teufelskreis geraten ist, kommt schwer wieder raus.
Abhilfe können Suchttherapien und die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe schaffen -eine Form des Gesprächs unter Betroffenen, die von immer mehr Suchtabhängigen genutzt wird. Alkoholiker-Selbsthilfegruppen des Eichsfeldes trafen sich am vergangenen Samstag in Leinefelde zu ihrer Regionalkonferenz. Dabei ging es vor allem um die Zukunft der Selbsthilfe. Eingeladen dazu hatten die Caritas und die Diakonie. Die meisten waren gekommen, um sich Anregungen für die eigene Arbeit zu holen.
Wie kann eine Gruppe Hilfe anbieten? Wie kann man einem Betroffenen den Einstieg in eine Selbsthilfegruppe erleichtern oder wie kann man jungen Menschen, die nicht selten mehrfach abhängig sind, Mut machen die Angebote zu nutzen. Das waren nur einige Fragen, die die Teilnehmer an der Regionalkonferenz beschäftigten. In kurzen Referaten berichteten Betroffene und Angehörige über die Abhängigkeit, den Weg aus der Sucht und über die Arbeit in den Gruppen. Einig waren sich die Teilnehmer darüber: Selbsthilfegruppen brauchen die Öffentlichkeit, um bekannt zu werden und ihre Anliegen klar zu machen. Falsche Scheu ist fehl am Platz. Nur durch Offenheit und Verständnis könne es gelingen, einen Weg aus der Sucht zu finden.
"Wichtig ist es auch, die Angehörigen in die Arbeit der Gruppe mit einzubeziehen", sagt Frank Hübner, Thüringer Landesvorsitzender des Kreuzbundes, einer Selbsthilfeorganisation. Auch sie müssten lernen, mit der Krankheit umzugehen. Angehörige seien schließlich massiv betroffen und hätten unter der Abhängigkeit oft am meisten zu leiden.
Sparzwang: Allein der Caritas fehlen 27 000 Euro
Die steigende Zahl der Suchtabhängigen zeigt, dass gezielte Beratung und Betreuung notwenig sind. Das dürfte in Thüringen allerdings in Zukunft schwierig werden, denn der Freistaat hat bei den freien Trägern der Suchtberatung den Rotstift angesetzt. Eine Katastrophe, wie die Nachsorgereferentin der Caritas, Juliana Kraus, bestätigt. Durch die Haushaltssperre des Landes Mitte des Jahres fehlen allein der Caritas 27 000 Euro. Auch die Kommunen könnten für die fehlenden Beträge nicht aufkommen. Durch die Sparmaßnahmen sei weniger Zeit, sich mit den Klienten zu beschäftigen, immer mehr fielen durchs soziale Netz. "In Thüringen haben wir in den letzten Jahren ein gutes Suchtberatungssystem aufgebaut, das jetzt zusammenzubrechen droht", befürchtet Juliana Kraus. Es erhöhten sich nicht nur die Wartezeiten für die Beratung, sondern es veringerten sich auch die Möglichkeiten ambulanter Therapien. Jetzt erwarten die großen christlichen Sozialverbände, Caritas und Diakonie, weitere Einschnitte bei der Förderung sozialer Projekte.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 14.11.2002