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Bistum Magdeburg

Ort, Erinnerungen Raum zu geben

Halle: Trauernde sind einmal im Jahr zu einem "Memorial" eingeladen

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Halle (ep) -"Wenn wir auf die letzten Monate zurückschauen, haben wir persönliche, aber auch gemeinschaftliche Erinnerungen", begrüßt Christa Syska die in der Hallenser Heilig-Kreuz- Kirche Versammelten. "Eine uns alle berührende Erinnerung", so die Koordinatorin der ehrenamtlichen Mitarbeiter des Hallenser Hospizteams, "ist die große Flut", das Hochwasser im Sommer. "Manch einer von ihnen mag aber auch sein eigenes Schicksal als eine alles hinwegreißende Flut empfinden. Nun muss er sehen, was übrig geblieben ist und wie er damit sein Leben neu gestalten kann ..."

Schöne und schmerzliche Erinnerungen

Die Heilig-Kreuz-Kirche ist nur wenig beleuchtet. Nur das große Kreuz und das Lesepult, an dem Frau Syska gerade gestanden hat, sind angestrahlt. Die Osterkerze brennt. Gut 30 Frauen und Männer haben sich in dem modern gestalteten Raum versammelt. Sie sind zusammengekommen, weil im zurückliegenden Jahr ein ihnen nahestehender Mensch gestorben ist. Und weil sie den damit verbundenen schönen wie schmerzlichen Erinnerungen Raum geben wollen. Unter den Teilnehmern des "Memorial", Erinnerungsfeier genannten Angebotes sind Angehörige, aber auch Menschen, die die Verstorbenen als haupt- oder ehrenamtliche Hospizmitarbeiter in schwerer Krankheit und im Sterben begleitet haben.

In die Ruhe in der Kirche hinein liest eine Krankenschwester vom Stationären Hospiz ein Gedicht: "Trauer widerruft nicht das Glück" lautet der zentrale Satz. Frau Syska nimmt erneut das Bild vom Wasser auf -und denkt über den "Lebensstrom" und das andere "Ufer" nach. Dann erklingt Musik -für drei Violinen und Orgel.

Eine Lebensgeschichte von zwei Delphinen

In einer längeren Geschichte, die zwei ehrenamtliche Hospizmitarbeiterinnen für alle Teilnehmer vortragen, geht es um zwei Delphine: Sie führen zunächst ein glückliches gemeinsames Leben und glauben, bis ins hohe Alter Seite an Seite schwimmen zu können. Bis einer der Meeressäuger eines Tages in einem Netz gefangen wird -und darin umkommt. Für den anderen Delphin bricht eine Welt zusammen. Schmerz und Einsamkeit prägen sein Leben. Er fühlt sich mehr tot als lebendig Nach langer Zeit wagt der allein gebliebene Delphin schließlich doch den Schritt zurück in die Gemeinschaft.

Während der ganzen Zeit stehen im Altarraum unterschiedlich große Schalen mit Wasser. Sie sind von Tüchern in unterschiedlichen Blautönen, von Sand und Muscheln umgeben. In der großen Schale in der Mitte brennt eine Kerze. Nun lädt Frau Syska die Anwesenden ein, im Gedenken an ihre Verstorbenen kleine Schwimmkerzen zu entzünden, eine oder mehrere. Und sie vielleicht mit denen von anderen Teilnehmern zusammen in eine der großen Schalen oder aber allein in eine der kleinen Schalen zu stellen. Den Anfang macht eine ehrenamtliche Hospiz- Mitarbeiterin. Dann aber setzt wohl fast jeder der Teilnehmer ein oder mehrere Lichter aufs Wasser. Gedenkende Bitten, vom Geschäftsführer des Hospiz- Dienstes in Halle, Pfarrer Heinrich Pera vorgetragen, schließen das Memorial ab: Für die, denen das Wasser bis zum Hals steht. Für Menschen, die mit Wasser in Zusammenhang stehende Krankheiten haben. Für Menschen, die durch Wasser leiden.

Menschen, denen das Wasser bis zum Hals steht

Ehe noch einmal wie bereits zum Beginn der Gedenkfeier ein Ausschnitt aus Bedrich Smetanas Sinfonie "Die Moldau" erklingt, lädt Frau Syska die Anwesenden zu Tee und Gebäck in einen der benachbarten Räume der Heilig- Kreuz-Gemeinde ein. Die Teilnehmer nehmen das Angebot gern an.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 46 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 14.11.2002

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