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Zwischen Kindern und Verhütung

Katholiken zu den Verbots-Forderungen von Kardinal Meisner

Görlitz (kh) - Kardinal Joachim Meisner fordert von den Katholiken den Verzicht auf künstliche Empfängnisverhütung und von den deutschen Bischöfen eine Korrektur der "Königsteiner Erklärung". So ist es in einem Interview des Rheinischen Merkur zu lesen (siehe Seite 4). Der Tag des Herrn fragte Christen aus dem Bistum Görlitz, ob der Kölner Oberhirte damit ein Problem anspricht, das Katholiken vor Ort beschäftigt.

Rosel Grund, Diplomsozialarbeiterin in der Schwangerschaftsberatung, Multiplikatorin für Natürliche Familienplanung, Mutter von fünf Kindern: "Ich weiß aus meiner Beratungsarbeit vom gewissenhaften Ringen um eine gut gelebte Sexualität und vom verantwortungsvollen Umgang mit Verhütung gerade bei katholischen Paaren. Verhütung steht für mich in Zusammenhang mit verantworteter Elternschaft, Sorge für schon vorhandene Kinder und Verantwortung gegenüber dem Partner. Das höchste Gebot, das uns Menschen von Gott gegeben wurde, ist das der Liebe. Gerade eine Ehe lebt von dieser Liebe. Mitunter heißt das für einen Partner aber auch Verzicht auf eigene Wünsche und Vorstellungen, was Kinderwunsch, Familienplanung und Sexualität betrifft. Bei dieser so sensiblen Thematik Reglementierungen anwenden zu wollen, weckt in mir Irritation und Unverständnis."

Ein Kreis junger Paare aus Görlitz: "Als junge christliche Familie ist es uns ein Anliegen, auch unsere Sexualität in Verantwortung vor Gott zu leben. Auf Grund der Achtung vor dem Leben lehnen wir Abtreibung und Verhütungsmittel, die nach der Befruchtung eingreifen, ab. Zärtlichkeit und Sexualität tragen jedoch zum Gelingen einer Ehe genauso bei wie Liebe, Achtung und Treue. Darum sollte es unseres Erachtens jedem Paar offen gehalten werden, sich nach gewissenhafter Prüfung für oder gegen künstliche Empfängnisverhütung zu entscheiden."

Seelsorgeamtsleiter Alfred Hoffmann: "Ich würde an der ,Königsteiner Erklärung' nichts verändern. Es berührt die Gläubigen aber meiner Meinung nach schon, wenn ein Kardinal das fordert. Sie werden Meisners Aussagen vermutlich zur Kenntnis nehmen, darüber nachdenken und sich ein eigenes Urteil bilden. Ich denke aber nicht, dass sie leichtfertig mit dieser Problematik umgehen."

Gabriele Kretschmer, Gemeindekatechetin: "Persönlich werde ich nicht auf das Thema Verhütung angesprochen - weder von Jugendlichen noch in Elternkreisen oder von Senioren. Allgemein wird über kirchliche Stellungnahmen zu dieser Frage gelächelt - auch unter Katholiken. Da heißt es dann: ,Was die schon wieder sagen. Die stehen überhaupt nicht im Leben.' Andererseits weiß ich sehr wohl, dass wir Richtlinien brauchen, allerdings solche, die nicht völlig außerhalb der Realität liegen. Bei den jüngsten Forderungen von Kardinal Meisner scheint mir dies jedoch der Fall zu sein. Sie gehen einfach an der Lebenssituation vieler Menschen vorbei und überfordern sie."

Pfarrer Norbert Joklitschke: "Die ,Königssteiner Erklärung' ist nicht gegen die Enzyklika ,Humanae Vitae' gerichtet, sondern erläutert nur, wie man diese verstehen kann. Der Mensch hat zu allen Dingen, die die Kirche nennt, sein Gewissen zu befragen. Als Seelsorger habe ich diese Gewissensentscheidungen der Gläubigen zu respektieren. Ich habe aber auch die Lehre der Kirche darzulegen - das kann manchmal differieren. Damit muss ich leben. Viel wichtiger als die Frage der Empfängnisverhütung ist für mich aber, den Menschen klar zu machen, was die Frohe Botschaft besagt."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 3 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 21.01.2001

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