Sich gegenseitig stärken
Alleinerziehende trafen sich zu einem Adventswochenende in Heiligenstadt
Heiligenstadt (as) -Einsamkeit, in wichtigen Entscheidungen auf sich gestellt, Schuldgefühle: Das ist das Schicksal tausender Alleinerziehender in Deutschland. Dazu kommen alltägliche Probleme und geringere gesellschaftliche Akzeptanz: Man lebt eben nicht "normal". Unter dem Motto "Wohlan denn Herz, nimm Abschied und gesunde" trafen sich Alleinerziehende mit ihren Kindern vom 29. November bis 1. Dezember im Marcel-Callo-Haus Heiligenstadt zu einem Adventswochenende. Aufgrund der großen Nachfrage findet der Kurs zweimal statt.
Kraft und Stärkung im Glauben finden
Für die Teilnehmer gehe es vor allem darum, sich mit Menschen auszutauschen, die in der gleichen Situation stehen, erklärt die Frauenseelsorgerin des Bistums, Sabine Stephan. Wichtig sei es ebenso, dass die Kinder erleben, dass sie nicht die einzigen sind, die ohne Vater oder Mutter aufwachsen müssen. Kraft und Stärkung im Glauben zu suchen sei zudem ein weiteres Anliegen des Wochenendes.
Alleinerziehende Mütter und Väter -ihre Probleme sind vielfältig: Sie müssen Arbeit, Kinder und Haushalt unter einen Hut bringen. Die Scheidung belastet. Viele stehen unter finanziellem Druck. Die meisten haben keine Chance auf eine kindergerechte Arbeitszeit. Auch die Öffnungszeiten der Kindergärten passen nur selten zu den Arbeitszeiten der Eltern. Belastung und Stress steigen, führen zu Überforderungen und oftmals auch zu Isolation und Resignation.
Judith Kanngießer aus Heiligenstadt und Edith Kistner aus Leinefelde kennen diese Situation nur zu gut. Sie gehören inzwischen zum "festen Kern" der Kurse für Alleinerziehende. "Wichtig ist die Gemeinschaft, in der man sich austauschen kann", sagt Frau Kanngießer. Das Verständnis derer, die selbst betroffen sind, sei doch anders als bei jemandem, der von diesen Problemen nicht betroffen ist. Beide Frauen haben inzwischen gelernt, mit ihrer Situation umzugehen.
Bernhard Faber (Name geändert) aus dem Bistum Magdeburg ist als einziger alleinerziehender Vater nach Heiligenstadt gekommen und zum ersten Mal dabei. "Für mich kommt es darauf an, mit der Situation klar zu kommen und die beste Lösung für die Kinder zu finden", sagt er. Auch ihm war der Austausch mit den anderen wichtig.
Das Leben ordnen und den Weg weiter gehen
Vor allem Schuldgefühle gegenüber den Kindern aufzuarbeiten und mit "sich ins Reine zu kommen" sei eine entscheidende Aufgabe während einer Trennungsgeschichte, beschreibt die Psychologin Heidrun Horstmeier vom Sozialdienst Katholischer Frauen (SKF) im Eichsfeld die Situation. Die meisten müssten sich neu orientieren, soziale Bindungen brechen weg. Ein solcher Einschnitt dürfe nicht zur Resignation führen. Frau Horstmeier: "Ich denke, es ist wichtig dabei, das Leben neu zu ordnen und den Weg weiter zu gehen."
Ein Bastelnachmittag und eine Adventsstunde standen am Samstag auf dem Programm. Eine Weihnachtsgeschichte von "Wärme und Licht" erzählen die Kinder. "Wir teilen die Wärme und das Licht und bringen damit selbst Wärme zu den Menschen", sagt Schwester Maria Magdalena, die eine von drei Kindergruppen während der Tage in Heiligenstadt betreute.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 13.12.2002