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Aus der Region

EU schränkt Rechte der Kirchen ein

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Münster (kna) - Das in Deutschland bestehende Modell des Selbstbestimmungsrechts der Kirchen ist nach Auffassung des Vorsitzenden Richters am Bundesarbeitsgericht, Harald Schliemann, in der Europäischen Union (EU) nicht durchsetzbar. Der in Erfurt tätige Richter sagte jetzt in Münster, die Kirchen müssten sich darauf einstellen, dass ihre Rechte im Bereich von Arbeitsvertragsrecht und Kündigungsschutz beschnitten würden.

Der Kreis derer, die aus Gründen der christlichen Religion und der kirchlichen Loyalitätsforderung nicht eingestellt oder entlassen werden dürften, werde erheblich kleiner werden. Denkbar sei allenfalls ein weit gefasster Tendenzschutz, der für den engeren kirchlichen Bereich der Liturgie und Seelsorge die gegenwärtigen Regelungen bestätige.

Probleme für geltendes kirchliches Recht in Deutschland sieht der Jurist für die Zuständigkeit kirchlicher Gerichte und den Bereich von Diakonie und Caritas. Bei letzteren sei aus europäischer Sicht stets eine Beteiligung am Wirtschaftsleben gegeben. Auch wenn die kirchlichen Wohlfahrtsverbände keine Gewinne erzielen wollten, sei offen, wie weit das in der EU geltende Arbeitsrecht angewandt werden müsse. So lange der deutsche Gesetzgeber keine Regelungen treffe, erhebe sich die Frage, ob die Kirchen weiterhin ausdrücklich oder stillschweigend vom EU-Recht ausgenommen werden könnten.

Aus Gründen der Stärkung des Tendenzschutzes seien Kirchen, Diakonie und Caritas gut beraten, wenn sie von allen ihren Mitarbeitern die Zugehörigkeit zu einer christlichen Kirche forderten, meinte Schliemann. Wenn der Anteil nicht kirchlich gebundener Mitarbeiter zu stark ansteige, sei zu fürchten, dass der im Werden begriffene europarechtliche Tendenzschutz für Kirchen unterhöhlt werde.

Kirchen, Diakonie und Caritas beschäftigen in Deutschland 1,2 Millionen Mitarbeiter. Das Grundgesetz sichert den Kirchen ein umfassendes Selbstbestimmungsrecht zu, das es zum Beispiel erlaubt, die Religionszugehörigkeit zur Voraussetzung für eine Einstellung zu machen, eigene kirchliche Gerichte einzurichten und die Mitbestimmung der Angestellten nach eigenen Kriterien zu regeln.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 50 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 13.12.2002

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