Noch lange keine Normalität
Malteser-Hilfsdienst setzt auf nachhaltige Hilfe für Flutopfer
Dresden / Prettin (tg) -Nach dem Katastropheneinsatz während des Hochwassers in Sachsen und Sachsen-Anhalt konzentriert sich der Malteser Hilfsdienst (MHD) jetzt auf Unterstützung beim Wiederaufbau und auf die psychosoziale Betreuung der Geschädigten. Die wichtigsten Aufräumarbeiten gehen zu Ende, langsam kehrt wieder Alltag ein. Doch Normalität herrsche für diejenigen, die fast alles während der Flut verloren hätten, noch lange nicht, sagt Sören Petry. Er leitet den nach der Flutkatastrophe beim sächsischen Innenministerium eingerichteten Stab "Psychologische Betreuung". Nicht jeder könne die psychischen Folgen der Katastrophe ohne Hilfe verarbeiten.
Um nun auch längerfristig zu helfen, hat der Malteser Hilfsdienst mit drei an der Elbe gelegenen Orten, die besonders schwer zerstört wurden, Partnerschaftsverträge geschlossen: mit Prettin in Sachsen-Anhalt sowie Großtreben-Zwethau und Bad Schandau in Sachsen. "Wir haben geschaut: Wo drängeln sich die Hilfsorganisationen nicht gerade, wo gab es Lücken bei der Hilfe. So sind wir auf Prettin gekommen", erzählt Ronhald Schabanoski, Diözesan-Geschäftsführer der Malteser in Magdeburg. Der Ort mit seinen rund 2400 Einwohnern liegt abseits aller Hauptverkehrswege. Von den etwa 700 Häusern sind um die 600 beschädigt. Die Malteser haben die Verteilung der Sachspenden übernommen und den Leuten beim Ausfüllen der Anträge geholfen. "Jetzt kommt es auf nachhaltige Hilfe an", sagt Schabanoski. "Viele Schäden werden jetzt erst sichtbar. Manchmal müssen jetzt Häuser abgerissen werden, die vorher gut aussahen."
Noch immer herrscht Ausnahmezustand
Auch wenn das Schlimmste vorüber ist -in Prettin herrscht noch immer Ausnahmezustand. In den vergangenen Wochen ist der Grundwasserspiegel wieder um 30 Zentimeter gestiegen. Die Keller laufen voll, die Fundamente wollen und wollen nicht trocknen. Schon fragen sich viele besorgt, was passiert, wenn der Frost in die feuchten Mauern eindringt.
Da hängen über 200 Arbeitsplätze dran
Aber auch wirtschaftlich wollen die Malteser Prettin wieder auf die Beine helfen. Etwa 40 kleinere und mittlere Gewerbetreibende seien von Hochwasser betroffen, sagt Klaus Biada. "Da hängen über 200 Arbeitsplätze dran." Schon jetzt liegt die Arbeitslosenquote hier bei rund 25 Prozent. Biada koordiniert die Hilfe der Malteser in Prettin und Großtreben-Zwethau. Mit rund 300 000 Euro will der Hilfsdienst den Gewerbetreibenden in Prettin unter die Arme greifen. Zudem soll das öffentliche Leben wieder in Gang kommen. Daher sind weitere 300 000 Euro für den Wiederaufbau des Volkshauses vorgesehen, das Veranstaltungsort und Treffpunkt für Vereine ist.
Ähnlich prekär ist die Lage in Bad Schandau, wo auf etwa 90 Prozent der Fläche des 3500- Einwohner-Ortes Hochwasserschäden zu verzeichnen sind. Etliche Geschäfte seien gerade eröffnet worden, die Besitzer hatten Kredite abzuzahlen, als die Flut kam, erzählt Reinhard Hoffmann, der dortige Projektleiter der Malteser für die Hochwasserhilfe. Etwa 90 kleinere Unternehmen hätten Schäden davongetragen. Besonders ihnen wollen die Malteser nun mit Spendengeldern helfen. "Wenn es das Gewerbe in Bad Schandau nicht schafft, gehen die wenigen Arbeitsplätze auch noch verloren", sagt Hoffmann. Dann stünde die Existenz der Stadt als Fremdenverkehrsort auf dem Spiel. Noch bis Ende Februar 2003 laufen die Verträge des Malteser Hilfsdienstes mit den Gemeinden. Hoffmann rechnet jedoch damit, dass, wenngleich in vermindertem Umfang, weitere Hilfe auch danach nötig sein wird.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 12.12.2002