Kritik an der Förderpraxis beim Wohnungsbau
Jahrestagung des Katholischen Siedlungsdienstes in Dresden
Dresden (tg) - Der Katholische Siedlungsdienst (KSD) hat Korrekturen in der Förderpraxis für Wohneigentum in Sachsen gefordert. Die Förderung so genannter "Passivhäuser" unabhängig vom Standort sei ein "falscher Schritt", sagte Andreas Lauth vom KSD, gleichzeitig Geschäftsführer der Bauhütte Dresden. Generell begrüßte er jedoch die gezieltere Förderung des Freistaates für Wohneigentum als Abkehr vom "Gießkannenprinzip".
"Passivhäuser", auch "Drei-Liter-Häuser" genannt, kommen mit einem Minimum an Heiz-energie aus und gelten daher als besonders umweltfreundlich. In den Baukosten seien sie jedoch 20 Prozent teurer als so genannte "Niedrig-Energie-Häuser"
("Sieben-Liter-Häuser"). "Hier wird der Hausbau zum Luxus", so Lauth. Für breitere Kreise der Bevölkerung stelle er eine unüberwindliche Hürde dar. "Die gesellschaftspolitisch sinnvolle Förderung verkehrt sich so ins Gegenteil." Wenn sich Familien kein Eigenheim errichten könnten, schaffe dies auch weitere Abwanderungsgründe. Lauth: "Die Familien aus Sachsen gehen dann nach Bayern oder Baden-Württemberg, wo anders gefördert wird." Für den gesellschafts- und sozialpolitisch besseren Weg halte er die Förderung von Niedrig-Energie-Häusern unabhängig von der Lage des Grundstücks.
Die Bauhütte Dresden, 1991 vom Bistum Dresden-Meißen und der Aachener Siedlungs- und Wohnungsgesellschaft gegründet, verwaltet rund 2000 Eigentumswohnungen und 40 Sozialwohnungen. Zuletzt hatte sie 23 Seniorenwohnungen in Dresden-Goppeln übergeben.
Der Bund solle mehr Geld für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung stellen, forderte KSD-Vorsitzender Johann Schell. Die vorgesehenen 230 Millionen Euro pro Jahr seien zu wenig. Der Betrag müsse auf 500 Millionen Euro erhöht werden, sonst könne der KSD sozial schwache Personen nicht mehr mit Wohnungen versorgen. Nach Angaben des KSD hat sich die Zahl geförderter Sozialwohnungen in der Bundesrepublik von 162 000 im Jahr 1994 um 70 Prozent auf 50 000 im Jahr 2000 verringert.
Geändert werden muss nach Ansicht des KSD auch die Definition des Begriffes "kinderreich" bei der Eigentumsförderbeschränkung. Derzeit werden damit Familien mit mindestens drei Kindern bezeichnet. In der Bundesrepublik habe eine Familie heute jedoch im Schnitt nur noch 1,66 Kinder. "Eine kinderreiche Familie sollte deshalb schon bei zwei Kindern beginnen", so Schell.
Die 49 Bauunternehmen im KSD haben im Jahr 2000 bundesweit 1783 neue Wohnungen errichtet. Das seien rund 17 Prozent mehr gewesen als im Jahr zuvor, sagte Schell. In diesem Jahr wolle der KSD bis zu 1800 neue Wohnungen bauen. Das sei eine Entwicklung, die gegen den Trend beim Wohnungsbau verlaufe. Die Zahl der fertiggestellten Wohnungen in der Bundesrepublik sei in den vergangenen beiden Jahren um über 15 Prozent zurückgegangen. Der KSD rechnet auch in diesem Jahr mit einem weiteren Rückgang. Schell schätzt, dass 2001 in Westdeutschland rund 255 000 und im Osten rund 60 000 Wohnungen errichtet werden. Das sei ein Rückgang um etwa zehn Prozent.
Der Katholische Siedlungsdienst plant, finanziert und baut vor allem familiengerechte Eigenheime und Eigentumswohnungen. Außerdem errichtet er Sozialbauten. Bundesweit verwaltet er mehr als 100 000 Wohnungen. In Dresden hatten sich Delegierte des KSD zu ihrer Jahrestagung getroffen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 17.05.2001