Ein Jahr voller Termine
Wir müssen Zeit für Gott einplanen, für das Hören auf sein Wort.
Haben Sie Anfang des Jahres schon einen vollen Terminkalender oder sogar schon eine Menge Termine für das nächste Jahr vorgemerkt? Dann gehören Sie zu der wachsenden Zahl von Menschen in unserer Gesellschaft, deren Tage, Wochen und Monate von einem festen Zeitplan beherrscht werden. Sie stehen unter Zeitdruck. Bei der Wahrnehmung einer Aufgabe denken Sie schon an den nächsten Termin. So leben Sie eigentlich nicht bewusst den Augenblick, sondern eilen ihm gehetzt in die Zukunft davon. Und dabei ist doch nur die Gegenwart die Zeit, die wir wirklich haben.
Wer alles planen will und seine Zeit bis zum Letzten mit allerlei Aufgaben füllen will, ist der noch offen für Erlebnisse, die einen staunen lassen? Für Begegnungen mit Menschen? Für das Schöne in Natur und Kunst? Für Nachdenken und Meditation, für das Gebet? Oder geht es einem wie diesem "Kirchenmann"?
Ein Mann hatte einen großen Taschenkalender und sagte zu sich selbst: Nun sind alle Termine eingeschrieben, aber noch sind die Tagung X und die Tagung Y, die Sitzungen der Synode und des Gemeinderates nicht eingeplant, wo soll ich sie unterbringen? Und er kaufte sich einen größeren Terminkalender mit Einteilungsmöglichkeiten der Nachtstunden, disponierte noch einmal, schrieb alle Tagungen und Sitzungen ein und sagte zu sich selbst: Nun sei ruhig, liebe Seele, du hast alles eingeplant, versäume nur nichts! Aber je weniger er versäumte, um so mehr stieg er im Ansehen und wurde in den Ausschuss Q und in den Ausschuss K gewählt, zweiter und erster Vorsitzender und Präsident. Und eines Tages war es dann soweit und Gott sagte: Du Narr, diese Nacht stehst du auf meinem Terminkalender!
Diese Geschichte von Gottfried Hänisch erinnert an das Gleichnis Jesu von der falschen Selbstsicherheit des reichen Mannes, der in seinen Scheunen große Vorräte anlegte und glaubte, für viele Jahre ein sorgloses Leben führen zu können. "Da sprach Gott zu ihm: Du Narr! Noch in dieser Nacht wird man dein Leben zurückfordern" (Lk 12,20).
In unserem Terminkalender müssen wir regelmäßig Zeit frei halten für Gott, für das Hören auf sein Wort, für das Gespräch mit ihm. Gott will bei uns einkehren: "Ich stehe vor der Tür und klopfe an. Wer meine Stimme hört und die Tür öffnet, bei dem werde ich eintreten, und wir werden Mahl halten, ich mit ihm und er mit mir" (Offb 3,20). Es hieße, den wichtigsten Termin verpassen, wollte man in dem Augenblick sagen: Geh weiter! Ich habe keine Zeit.
P. Damian Meyer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 19.12.2002