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Aus der Region

Von der Hausfrau zur Verbraucherin

Ein Interview mit Franziska Kleiner

225 000 Mitglieder stark ist der Katholische Deutsche Frauenbund (KDFB), der im neuen Jahr auf sein 100-jähriges Bestehen zurückblickt. Wie sich die Zeiten ändern, zeigen Umbrüche in der "Hausfrauenvereinigung" des KDFB. Ein Interview mit Franziska Kleiner, Vorsitzende der heute "VerbraucherService" genannten Vereinigung .

Die "Hausfrauenvereinigung" im Katholischen Deutschen Frauenbund ist jetzt unbenannt worden in "VerbraucherService". Wollen Sie von Hausfrauen nichts mehr wissen?
Nein, so darf das nicht gesehen werden. Der neue Name stellt unsere Arbeit besser dar. Hausfrauen, wie es sie 1913 gab, als die Hausfrauenvereinigung im KDFB gegründet wurde, gibt es in dieser Form nicht mehr. Heute steht eher der Familienbegriff im Vordergrund.
Hausfrau ist also kein zeitgemäßer Begriff mehr?
Wenn wir unter unserem Namen "Hausfrauenvereinigung" aufgetreten sind - etwa bei Verbrauchermessen - haben wir es wiederholt erlebt, dass uns mit einer gewissen Scheu oder gar Abwehr begegnet wurde. "Kocht Ihr katholischen Quark? Schmeckt der anders als andere?", hieß es zum Beispiel. Dagegen ist unserem Informationsstand unter dem neuen Namen "VerbraucherService" bei der jüngsten Messe mit sehr viel mehr Zuspruch begegnet worden. Man hat gesehen, der neue Name hat ein anderes Ansehen...
...aber führt auch vom Familienbegriff weg.
Da widerspreche ich komplett. Die Verbrauchervertretung hat sehr viel mit Familie zu tun. Das wissen wir nicht nur aus Bayern, wo wir Träger von 13 Verbraucherberatungsstellen sind. Auch auf Bundesebene arbeiten wir an Verbraucherthemen und Vorschlägen mit - in den Ausschüssen von Bundesministerien, in der "Aktion das Sichere Haus", das betrifft die Unfallverhütung im Privathaushalt, in der Stiftung Warentest und mehr.
Als Aufgaben nennt Ihre Vereinigung hauswirtschaftliche Bildung und Berufsvertretung "für Single und Familienfrauen". Was bedeutet das eigentlich inhaltlich?
Im Bereich der Hauswirtschaft erarbeiten und tragen wir zum Beispiel die beruflichen Vorbereitungslehrgänge zur Hauswirtschaftsmeisterin und Fachhauswirtschafterin. Und wir sind Tarifpartner: die einzige Gruppierung in der Bundesrepublik, die für Hausangestellte bundesweit einen Tarifvertrag ausarbeitet. Diese Tarifpartnerschaft ist deshalb von besonderer Bedeutung, weil sie allgemein als Maßstab zur Bewertung von Hausarbeit herangezogen wird - zum Beispiel bei Gerichtsurteilen.
Welche Tarifpartner sitzen sich denn da gegenüber?
Als Arbeitgeberverband sind das wir - der "VerbraucherService" im KDFB - gemeinsam mit der Gemeinschaft der Hausfrauen in der Katholischen Frauengemeinschaft, der kfd; auf Arbeitnehmerseite ist das der Bundesverband der Katholischen Arbeitnehmerinnen im Privathaushalt.
Hausfrau, Hauswirtschaft und Haushaltsführung - was hat sich da eigentlich grundsätzlich verändert?
Frauen haben heute glücklicherweise gute Ausbildungen und wollen sich auch beruflich einbringen. Die Hausarbeit trägt die Familie deshalb gemeinsam oder die Familien kaufen Leistungen, Haushaltsfachkräfte hinzu. Wir unterhalten zum Beispiel in Passau eine Agentur, durch die man auch stundenweise Fachkräfte vermittelt bekommt. Solche Angebote wollen wir noch intensivieren. Früher hatte nur die "Dame mit Hut", wie man sie nannte, Hausangestellte. Das ist heute anders. Frauen, die zu Hause bleiben, sehen sich heute als Familienfrauen und verstehen ihre Hauswirtschafts- und Erziehungsarbeit als vorübergehendes Engagement.
Diese Arbeit ist nicht sehr anerkannt, wie man auch der Diskussion um das Ehegattensplitting entnehmen konnte. Da war verächtlich von der Hausfrauenehe die Rede und vom Heimchen am Herd. Sind Sie eigentlich auch politisch tätig, um Familienarbeit aufzuwerten?
Natürlich. Wir machen diese Lobbyarbeit über die Bundesverbände wie die Deutsche Gesellschaft für Hauswirtschaft, sind Mitglied im Deutschen Frauenrat, arbeiten in den Berufsbildungsausschüssen, und wir wollen Wissen vermitteln zum Beispiel für Familienfrauen in Rentenfragen. Wir setzen uns auch dafür ein, dass die sozialen Kompetenzen, die durch langjährige Familienarbeit erworben werden, stärker Anerkennung finden bei Weiterbildung oder beruflicher Orientierung. Und wir haben am Memorandum der Bundesarbeitsgemeinschaft Hauswirtschaft zur beruflichen Bildung mitgearbeitet. Darin fordern wir, dass hauswirtschaftliche Bildung schon in der Grundschule einsetzt.
Warum soll das nötig sein?
Das ist nötiger denn je. Jeder dritte junge Haushalt ist heute überschuldet. Die Vermittlung von Grundkenntnissen der Haushaltsführung ist aber notwendig, um unterschiedliche Lebenssituationen bewältigen zu können.
Wie beschreiben Sie die beruflichen Anforderungen oder Qualifikationen einer Familienfrau?
Sie ist die Managerin einer kleinen Firma mit erheblicher volkswirtschaftlicher Bedeutung. Sie verwaltet Geld, führt den Haushalt, erzieht und versorgt die Kinder - alles selbstständig. Hinzu kommt: Ohne diese Arbeit könnte der Partner den Beruf nicht ungestört ausüben und seine Kräfte erneuern. Auch Kinder und Jugendliche finden zu Hause den nötigen Rückhalt.

Interview: Gerrit Schulte

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 52 des 52. Jahrgangs (im Jahr 2002).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 19.12.2002

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