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Stärkere Präsenz der Theologie in Berlin

Initiativen wollen Guardini-Lehrstuhl in Berlin wiederbeleben

Berlin (kna) -80 Jahre sind es in diesem Jahr her, dass Romano Guardini (1885 bis 1968) als erster katholischer Theologe an die Friedrich-Wilhelm-Universität in Berlin kam. Im April 1923 nahm der damals 38-Jährige den Ruf des preußischen Kulturministers Carl Becker an die protestantisch geprägte Universität auf den speziell für ihn geschaffenen Lehrstuhl für "Religionsphilosophie und katholische Weltanschauung" an.

Dort lehrte Romano Guardini bis zur Aufhebung der Professur durch die Nationalsozialisten 1939. Formal gehörte er zur Katholisch- Theologischen Fakultät der Universität Breslau, die ihn als "Ständigen Gast" nach Berlin "abgetreten" hatte. Seit dem Ende der SED-Herrschaft gibt es in der Hauptstadt Bemühungen, an der heutigen Humboldt-Universität den Guardini-Lehrstuhl wieder zu beleben. Eine Verwirklichung ist indes noch nicht in Sicht.

Große Resonanz für Guardini-Lectures

Nicht dass es keinen Bedarf gäbe. Als im vergangenen November der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Karl Lehmann, eine Gastvorlesung in der Universität hielt, war der Festsaal mit 500 Zuhörern überfüllt. Auch zahlreiche andere Veranstaltungen in den vergangenen 13 Jahren stießen auf große Resonanz. Zunächst gab es ab 1991 Gastvorlesungen im Rahmen des "Studium Generale" mit den Theologen Franz Furger, Gisbert Greshake, Paul Imhof und Hans Waldenfels; die Reihe wurde von der Universität aber nicht fortgesetzt.

Vor allem die Katholische Studentengemeinde Maria Sedes Sapientiae (KSG), die Katholische Akademie und die Guardini- Stiftung bemühten sich danach, mit Studientagen und "Guardini-Lectures" die Lehrstuhl- Errichtung in der Diskussion zu halten, nachdem Mitte der 90er Jahre die "große Lösung" einer Katholisch-Theologischen Fakultät nicht zu Stande gekommen war.

Bekannte Namen wie Eugen Biser, Hans Maier, Dietmar Mieth und Franz-Xaver Kaufmann und zuletzt der Soziologe und Gesellschaftstheoretiker Hans Joas fanden über die Studentenschaft hinaus auch öffentliches Interesse.

KSG-Bildungsreferent Thomas Brose gab jetzt im Berliner Morus-Verlag einen Sammelband unter dem Titel "Umstrittenes Christentum" heraus, der sich ausdrücklich auf Guardini bezieht und dessen Tradition neu beleben will. "Auf den Spuren des Religionsphilosophen, der als junger Mann mutig an die Spree kam, um hier ‚Zeichen der Zeit' zu deuten, sind wir heute verpflichtet, einen eigenständigen ‚Berliner Ansatz' zu entwickeln", so Brose in seiner Einleitung.

Es ist sinnvoll über Religion zu streiten

Der Kölner Theologe Hans-Joachim Höhn begründet in dem Band sein Votum für eine stärkere Präsenz der Theologie gerade in Berlin mit ihrem Auftrag, "zu zeigen, dass es sinnvoll ist, über Religion zu streiten, und den Streitwert des Glaubens philosophisch zu verdeutlichen".

Dass eine solche Aufgabenbeschreibung ebenso wenig wie die Nachfrage nach einschlägigen Angeboten angesichts der Finanznot der öffentlichen Hand ausreicht, um einen regulären Lehrstuhl einzurichten, wissen auch die Verfechter dieses Anliegens. Ihre Überlegungen zielen deshalb auf eine Stiftungs-Professur.

Die vor 15 Jahren gegründete Guardini-Stiftung, ebenfalls dem Erbe des Religionsphilosophen verpflichtet, ist dabei, die Errichtung einer unselbstständigen Stiftung mit dieser Zweckbestimmung zu prüfen. Dazu soll im Blick auf den Ökumenischen Kirchentag in Berlin ein Aufruf veröffentlicht werden, für den derzeit prominente Unterstützer geworben werden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 3 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 17.01.2003

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