"Er rechts, ich links"
Durch den gemeinsamen Sport treffen ein katholischer und ein evangelischer Pfarrer auf Menschen, den
Roßleben (as) -Das Licht auf den Leuchter stellen, Ungetauften das Evangelium bekannt machen -missionarisches Wirken ist für viele Gemeinden ein Anliegen, oftmals fehlt es aber an den zündenden Ideen. Wie erzählt man von seinem Glauben? Der katholische Pfarrer von Roßleben, Otto Stöber, und sein evangelischer Kollege aus dem vier Kilometer entfernten Wiehe im Kyffhäuserkreis, Christoph Sauer, haben eher beiläufig einen Zugang zu Menschen gefunden, denen sie, wie sie selbst vermuten, sonst nie begegnet wären. Beide sind sportbegeistert und spielen in der Alte-Herren- Mannschaft des SV Rot-Weiss Wiehe. "Er rechts, ich links", erzählt Pfarrer Stöber, "er Stürmer, ich Verteidiger". Kennen gelernt haben sich die beiden natürlich beim Sport, und es hat nicht lange gedauert, da standen sie zusammen auf dem Fußballplatz. Stöber und Sauer sind aber nicht nur Sportsfreunde, sondern organisieren auch zusammen ökumenische Veranstaltungen mit ihren Gemeinden.
Dass die Frage nach dem Beruf in einer Fußballmannschaft nicht ausbleibt, war den Pfarrern natürlich vorher klar. "Überrascht waren unsere Mannschaftskollegen, dass auch ein Pfarrer Humor haben kann und auch nur ein Mensch ist", berichtet Otto Stöber von seinen ersten Erfahrungen in der Mannschaft. Die Vorurteile gegenüber der Kirche seien oft groß, auch wegen mancher negativer Berichterstattung in den Medien. Dennoch hätten sich Fragen nach Glauben und Religion für die Menschen nicht "erledigt". "Fragen kommen zum Beispiel bei Familienfesten wie Weihnachten oder in Grenzsituationen wie bei Krankheit oder Tod", weiß Pfarrer Sauer. Auch wenn die Menschen nicht direkt die Frage nach Gott stellten, seien sie dankbar fürs Zuhören und die Zuwendung, bestätigt Sauer. Ab und zu ergäben sich auch "richtig gute Gespräche".
Junge Leute wandern in den Westen ab
Ein wenig Sorge bereitet den beiden Geistlichen unterdessen die Entwicklung in den eigenen Gemeinden. "Die jungen Leute wandern in den Westen ab, weil sie dort eine bessere Perspektive finden", sagt Pfarrer Stöber. "Viele würden natürlich gern hierbleiben, aber die Arbeitsmöglichkeiten sind einfach zu gering." Mit 26 Prozent sei die Arbeitslosigkeit im Kyffhäuserkreis in Thüringen am höchsten. Von der sinkenden Zahl der Gläubigen lässt sich der Roßlebener Pfarrer aber nicht entmutigen. Ökumene wird hier zum Beispiel ganz groß geschrieben. "Insgesamt arbeite ich mit acht evangelischen Pfarrern zusammen", sagt Stöber lächelnd. "Jeden Monat mindestens eine ökumenische Veranstaltung". Ein wichtiges Anliegen: Der Ökumenische Kirchentag in Berlin, zu dem die Gemeinde für einen Tag hinfahren will. Und dafür, dass es schon unterwegs richtig ökumenisch wird, sorgen die evangelischen Christen aus Wiehe, die zusammen mit ihren katholischen Glaubensschwestern und - brüdern fahren wollen. Sowohl Pfarrer Stöber als auch Pfarrer Sauer plädieren in der Ökumene aber für "einen behutsamen Umgang" miteinander. Sauer: "Für ein gemeinsames Abendmahl zum Beispiel ist es einfach noch zu früh. Zudem weiß noch niemand, was aus der Bewegung Ökumenischer Kirchentag einmal werden wird."
Das Licht auf den Leuchter stellen: Für den Protestanten Christoph Sauer ist die pastorale Kampagne, die vor knapp zwei Jahren im Bistum Erfurt gestartet wurde, nicht nur eine Sache der Katholiken, sondern für evangelische Christen ebenfalls wichtiges Anliegen. Die jungen Leute liegen ihm dabei besonders am Herzen. Seine Gemeinde hat ihnen einen Raum zur Verfügung gestellt. Hier pflegen sie Kontakte, verbringen ihre Freizeit miteinander. "Die Stadt hatte kein Geld und auch sonst keine Idee, wie sie den Jugendlichen helfen konnte", berichtet Sauer. Obwohl die jungen Leute selten christlich sind, haben sich manche sogar bereit gefunden, eine Vesper mitzugestalten. "Wir würden was singen", sagten zwei Mädchen. Kleine Aufbrüche, wie Sauer findet.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 23.01.2003