Vorbereiten auf das Ungewisse
Hilfswerke stellen sich auf Irak-Krieg ein / Gebete in Osnabrück
Osnabrück (bj/kb) - Die Hilfswerke stellen sich auf einen Krieg im Irak ein - nur weiß niemand, was sie erwartet. "Es gibt zu viele schlechte Szenarien, um auf alles vorbereitet zu sein", sagt Karl Ammann, Berater für Katastrophenhilfe bei Caritas international in Freiburg. Ähnlich besorgt äußerten sich auch Vertreter der "Ärzte ohne Grenzen" und der Evangelischen Diakonie im Gespräch mit dieser Zeitung.
Vergangene Woche hatte sich Ammann mit einem internationalen Team über den Vorbereitungsstand der Caritas-Einrichtungen im Irak informiert. Seine Bilanz: Wenn es zu einem Bodenkrieg kommt, droht ein Zusammenbruch der humanitären Hilfe. Schon jetzt bezeichnet der Leiter von Caritas international, Martin Salm, die Situation im Irak als "katastrophal". Nach UN-Angaben leidet jedes dritte Kind unter fünf Jahren an Mangel- oder Unterernährung, 14 bis 16 Millionen Menschen überleben nur dank der Hilfspakete der Vereinten Nationen.
Inzwischen wurden die 130 Mitarbeiter der Caritas Irak in einwöchigen Erste-Hilfe-Kursen auf den Kriegsfall vorbereitet. 14 Zentren, in denen bislang Mütter in Ernährung und Hygiene geschult wurden, werden zu Notaufnahmen umfunktioniert. Sie sollen Verletzte versorgen und sie in Kliniken transportieren -soweit das mit sechs Ambulanzwagen möglich ist. Derzeit können im Irak neben wenigen UN-Vertretern nur die Caritas Irak und der Rote Halbmond, die Schwesterorganisation des Roten Kreuzes, humanitäre Hilfe leisten. Unterdessen sondieren Erkundungsteams von "Ärzte ohne Grenzen" mögliche Standorte von Flüchtlingslagern in den Nachbarländern des Irak. "Noch ist unklar, ob es Massenfluchten geben wird", sagte Sprecherin Petra Meyer. Wenn die Wasserversorgung zusammenbreche, seien Epidemien zu befürchten.
Gegenwärtig bemühe sich die Organisation in Bagdad um eine Arbeitsgenehmigung. Auch die Katastrophenhilfe der Evangelischen Diakonie hat mit bürokratischen Hindernissen zu ringen. Im Rahmen des ökumenischen kirchlichen Hilfe-Netzwerks "Act" (Action by Churches Together) seien Vorbereitungen in den Grenzländern des Irak im Gange, sagte Sprecherin Gesine Wolfinger. Zwar rechne das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen mit bis zu einer Million Flüchtlingen; möglicherweise werde aber auch "niemand fliehen können, weil niemand rauskommt".
In Osnabrück rief Bischof Franz-Josef Bode dazu auf, am Freitag, den 7. Februar um 17 Uhr in allen Kirchen des Bistums für zehn Minuten die Glocken läuten zu lassen und anschließend für den Frieden zu beten.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 30.01.2003