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Auf zwei Minuten

Vom Kapital der Hoffnung leben

Die Vergangenheit des Menschen des Menschen muß nicht zum unüberwindlichen Hindernis werden

Pater Damian

Wer die Entwicklung der Welt in all ihren negativen Aspekten betrachtet, wird feststellen müssen: Pessimismus ist schwer widerlegbar. Auch bei Diskussionen unter gläubigen Menschen ist man sich meistens darüber einig, dass es noch schlimmer kommen wird: Zerstörung, Zerfall, Tod.

Der Pfarrer und Schriftsteller Kurt Marti, ein scharf blickender Beobachter, hält ein "dennoch" dagegen, das sich aus christlicher Hoffnung speist: "Dennoch wendet sich nicht immer alles zum Schlimmeren, auch wenn dieses bis zum eingetretenen Gegenteil zu befürchten bleibt. Die Möglichkeit, dass sich die Dinge anstatt zum Schlimmeren dann doch noch und nicht voraussehbar zum Besseren wenden, ist das heimliche Kapital, von dem ich, auch mit geöffneten Augen, leidlich zu leben vermag. Es liegt, dieses Kapital, auf der (ich räume ein: zu langen, zu langsamen) Bank, die, weil ihr, ‚alle Dinge möglich' sind (Mt 19,26), selbst das Unwahrscheinliche, das ich ihr skeptisch anvertraue, treu verzinst. Leichtsinnig, schwergläubig lebe ich so von Kapitalien, die nicht figurieren im Voranschlag des Pessimisten, der in die zu lange und doch überraschend solide Bank insgeheim mehr Vertrauen hat als in den eigenen, ach so weltklugen Pessimismus." Als Schweizer liegt Marti das Bild von der Bank besonders nahe. Solide ist sie, weil sie von einem verwaltet wird, bei dem "nichts unmöglich ist" (Lk 1,37; Mt 19,26). Dieses Wort ist kein flotter Werbespruch der Bank, sondern garantiert von Gott, der kein Manager und Macher, sondern ein Schöpfer ist. "Ist beim Herrn etwas unmöglich?", sagt Gott zu Abraham, als ihm die Geburt eines Nachkommen angekündigt wird. Abrahams Frau Sara, die das fruchtbare Alter zum Gebären längst überschritten hat, kann das nicht recht glauben und lacht daher still in sich hinein. "Sara aber wurde schwanger und gebar dem Abraham noch in seinem Alter einen Sohn zu der Zeit, die Gott angegeben hatte" (Gen 21,2).

Gott zeigt sich uns als Schöpfer und Erhalter (meistens) nicht in spektakulären Wundertaten, sondern in dem Geflecht von guten Entscheidungen und selbstlosen Taten von Menschen, die sich auf ihn und ihre Mitmenschen einlassen. Wir Menschen werden, allein uns selbst überlassen, die Wende zu einem guten Ende nicht vollbringen können. Da dürfen wir Pessimisten sein. Gott selbst wird seine Schöpfung zum Guten vollenden. Aber er tut das nicht ohne uns. Daher erscheint uns alles so langsam und mühsam, so schwerfällig und umständlich. Gott hat sich auf uns Menschen eingelassen wie auf ein Abenteuer, aber ein Abenteuer mit einem guten Ende.

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 6 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 06.02.2003

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