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Aus der Region

Entschädigung für verweigertes Abitur

Der Freistaat Sachsen entschädigt "Verfolgte Schüler"

Chemnitz (ep) - Der Freistaat Sachsen entschädigt Personen, die in der DDR als Schüler aus politischen Gründen gravierend benachteiligt oder verfolgt wurden. Das bestätigte die Rehabilitierungsbehörde beim Sächsischen Landesamt für Familie und Soziales in Chemnitz auf Anfrage des Tag des Herrn. Wer zum Beispiel auf Grund seiner religiösen Überzeugung nicht zur sozialistischen Jugendweihe ging und deshalb kein Abitur machen durfte oder nicht zum Studium zugelassen wurde, obgleich er sehr gute Noten hatte, kann bis 31. Mai 2001 beim Freistaat Sachsen einen Antrag auf Entschädigung stellen. Bedingung: Der oder die Benachteiligte muss bis 9. November 1989 im Beitrittsgebiet gewohnt haben, und die Diskriminierung muss im Gebiet des heutigen Freistaates Sachsen erfolgt sein. Außerdem muss für die Gewährung einer Entschädigung eine Anerkennung als "Verfolgter Schüler" vorliegen, die auch jetzt noch bei der Rehabilitierungsbehörde beim Sächsischen Landesamt für Familie und Soziales beantragt werden kann.

Insgesamt stellt der Freistaat Sachsen dafür 1,3 Millionen Mark zur Verfügung. Die einmalige finanzielle Zuwendung sei als Zeichen der Wiedergutmachung für die rechtsstaatswidrige Benachteiligung gedacht, heißt es. Eine Kommission, zu der der sächsische Sozialminis-ter, der Präsident des Sächsischen Landesamtes für Familie und Soziales sowie Vertreter der Opferverbände gehören, entscheiden über die Vergabe der Mittel. Wie viel Geld der einzelnen Berechtigte erhalten werde, sei bislang offen.

Eine Beweispflicht im juristischen Sinne hinsichtlich der erlittenen Benachteiligung gebe es nicht. Wer glaubhaft machen könne, dass er trotz überdurchschnittlicher Leistungen nicht zur Erweiterten Oberschule (EOS) oder zum Studium zugelassen wurde oder von der EOS aus politischen und / oder religiösen Gründen verwiesen wurde, habe gute Chancen auf Anerkennung, so die Rehabilitierungsbehörde. Betroffene sollten, auch wenn sie (in der Regel) keine ausdrückliche schriftliche Begründung haben, warum sie so behandelt wurden, auf jeden Fall einen Antrag stellen.

Nach dem Bundesgesetz über den Ausgleich beruflicher Benachteiligungen für Opfer politischer Verfolgung im Beitrittsgebiet (Berufliches Rehabilitierungsgesetz - BerRehaG -) haben entsprechende Personen einen Anspruch auf bevorzugte berufliche Aus- und Fortbildung sowie Umschulung. Diese Ansprüche sind aber in vielen Fällen und besonders für Betroffene im Rentenalter gegenstandslos. Zudem haben "Verfolgte Schüler" im Gegensatz zu anderen Verfolgten im Sinne des Beruflichen Rehabilitierungsgesetzes (verfolgungsbedingte Eingriffe in die Berufsausübung oder eine bereits begonnene berufliche Ausbildung) weder rentenrechtliche Folgeansprüche noch Anspruch auf Ausgleichsleistungen bei gegenwärtiger Notlage (zum Beispiel als Sozialhilfeempfänger). Diese Situation habe den Freistaat veranlasst, "verfolgten Schülern" in Sachsen, die bisher keine oder in Anbetracht ihres Schicksals nur unzureichende Leistungen erhalten haben, eine kleine Wiedergutmachung zu gewähren, sofern ihre Biografie den Kriterien entspricht, so die Rehabilitierungsbehörde in Chemnitz.

Anträge auf Anerkennung als "Verfolgter Schüler" und hinsichtlich einer Entschädigung gibt es beim Sächsischen Landesamt für Familie und Soziales, Rehabilitationsbehörde, Postfach 1048, 09010 Chemnitz,

Tel. (03 71) 60 63 35.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 4 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 28.01.2001

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