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Bistum Dresden-Meißen

"Ich glaube, er hatte Tränen in den Augen"

Die Leipziger Propsteigemeinde gedenkt ihres früheren Kantors Georg Trexler

Leipzig -Er gehörte zweifellos zu den bedeutendsten deutschen Kirchenmusikern der Nachkriegsgeschichte. Vier Jahrzehnte war Georg Trexler Kantor an der Leipziger Propsteigemeinde St. Trinitatis. Am 9. Februar wäre er 100 Jahre alt geworden. Mit einem Vortragsabend und Konzerten gedachte die Gemeinde am vergangenen Wochenende ihres früheren Kantors. Die Veranstaltungen sind Teil des Trexler-Jahres 2003, in dem die Kompositionen des Musikers wieder aufgeführt werden. Den Abschluss bildet am 23. November ein feierlicher Gottesdienst mit Trexlers Missa "Tu rex gloriae, Christe".

Georg Trexler, Sakralmusiker, Hochschullehrer, Komponist: Nach den Worten seines Biografen Gernot Maria Grohs ein Leben voller Spannungen und innerer Zerreißproben, aber auch ein Leben fruchtbaren, künstlerischen Schaffens. Heute teilt er das Schicksal vieler seiner Künstlergeneration: Er ist nahezu in Vergessenheit geraten. Bereits 1948 war Trexler Professor am Kirchenmusikalischen Institut der damaligen Hochschule für Musik -als tief gläubiger Christ musste er sich oft den künstlerischen und politischen Zwängen beugen, in der atheistisch ausgerichteten DDR um die Anerkennung als Komponist und Kirchenmusiker kämpfen. Aber, so Grohs, "Trexler wurde als Schöpfer von Werken für den weltlichen Konzertsaal nicht verschwiegen". Der Rundfunk der DDR habe immerhin 27 weltliche Werke Trexlers, darunter das Klavierkonzert, das Konzert für Viol../../incello, die Orgelwerke oder die Chor- und Orchesterwerke aufgenommen.

Der Kampf um die Anerkennung der Kirchenmusik war aber nicht seine einzige Passion. Er gehörte zu jenen, die die in Fachkreisen nicht unumstrittene Liturgiereform des II. Vatikanischen Konzils als Endpunkt der "großen Ära der katholischen Kirchenmusik" bewertete. Warum? Trexler verstand die Neuerungen, vor allem was die muttersprachliche Textierung der Kirchenmusik betraf, als einen nicht mehr reparablen Bruch mit der Tradition -mit einer Gleichbewertung von Choral und Sakropop in den Gottesdiensten konnte sich der leidenschaftliche Kirchenmusiker wohl nicht abfinden. "Die sich verändernde Zeit wurde Ende der sechziger Jahre nirgends so deutlich wie an der Kirchenmusik", resümiert der Musikhistoriker Gernot Maria Grohs. 1971 übergab Trexler die Leitung des Kantorenamtes in der Propsteigemeinde an seinen Nachfolger Kurt Grahl.

Dennoch: Am Ende seines Lebens war Georg Trexler aufgrund seines Werkes in Ost und West anerkannt. Bereits 1967 erhielt er von Papst Paul VI. den Silvester- Orden. Tragik der Geschichte: Wie seine Gemeinde musste Georg Trexler die Zerstörung der Pauliner-Kirche erleben. Am 24. Mai, sechs Tage vor der Sprengung, war er wohl einer der Letzten, die die Kirche noch einmal betreten durften -als schon die Bauarbeiter mit den Vorbereitungen für den Abriss beschäftigt waren. Von dieser Begebenheit berichtete der damalige stellvertretende Verwaltungsdirektor der Universität Josef Paulus: "Als unverhofft das Spiel der Orgel begann, erhielt ich den Auftrag, mit dem Organisten zu sprechen, um ihm zu sagen, dass nicht mehr gespielt werden kann. Ich ging allein auf die Empore. An der Orgel spielte ein älterer Mann, wahrscheinlich Herr Trexler. Ich glaube, er hatte Tränen in den Augen. Mich hat dieser Moment von allen am meisten berührt."

Andreas Schuppert

Buchtipp:
Gernot Maria Grohs;
"Georg Trexler -Wurzel, Werke, Wirken, Vermächtnis";
Verlag Klaus-Jürgen Kamprad;
Altenburg;
ISBN 3-930550-24-5;
Preis: 29,80 Euro

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 7 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 16.02.2003

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