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Auf zwei Minuten

Unterwegs sein zu einer Lösung

Um Probleme und Konflikte zu lösen bedarf es der Zeit, die sich alle Seiten nehmen sollten.

Pater Damian

"Eines Tages machten sich die Fürsten von Chu, Lu und She gemeinsam auf den Weg zu Meister Kung (Konfuzius), um von ihm zu hören, wie sich die Belange der Staatsführung und die Forderungen der Moral in Einklang bringen ließen. Unterwegs erörterten sie miteinander dieses schwierige Problem, gerieten darüber in Streit und fassten schließlich doch einige löblich Vorsätze. Bei Meister Kung angekommen, trugen sie ihm ihre Fragen vor. Der Meister hörte sie an und schwieg dann beharrlich. Da sagten die Fürsten unwillig: Nun sind wir endlich am Ziel unserer beschwerlichen Reise und erfahren doch nichts. Sollten wir den Weg zu einem, der als ein Wegweiser gilt, etwa vergeblich gemacht haben? Der Meister antwortete: Der Weg war das Ziel."

Eine hintergründige Geschichte. Der chinesische Weise wirft den ihm zugeworfenen Ball geschickt zurück in die Runde: Habt ihr nicht selbst euch unterwegs schon bemüht, eine Lösung zu finden? War eure Diskussion und euer Streit denn umsonst? Ihr habt doch auf eurer langen Reise erfahren, dass ausführliche und geduldige Gespräche miteinander euch der Lösung näher bringen! Ihr habt euer Ziel erreicht, indem ihr zusammen auf dem Weg wart. Da kommt ihr zu mir und erwartet eine klare Lösung eures Problems, als wenn ein Weiser eine Antwort auf alle Fragen parat hätte!

Bereit sein zu hören, zurückhaltend in der Rede

Hat uns diese alte Geschichte heute etwas zu sagen? Haben wir in der modernen Welt nicht ganz andere Probleme und Herausforderungen? Ich glaube, die Antwort des Konfuzius ist hoch aktuell. Angesichts eines drohenden Krieges im Nahen Osten ist es wichtig, dass die streitenden Parteien zusammen unterwegs bleiben und nach Lösungen suchen. Das erfordert Zeit und Geduld. Da gibt es keine Patentlösung. Und es geht durchaus, wie in der Geschichte, um "Staatsführung und die Forderungen der Moral". Im mühsamen Diskurs müssen alle Aspekte kühl und sachlich erörtert werden, und man muss nach möglichen Auswegen suchen. Der vorschnelle Entschluss zum Krieg könnte verheerende Auswirkungen für alle haben. Zu fragen ist auch: Wird der Entschluss zur kriegerischen Auseinandersetzung nicht vielfach genährt von irrationalen Emotionen und Rachegefühlen? Schon der Jakobusbrief des Neuen Testaments mahnt uns: "Denkt daran, meine geliebten Brüder: Jeder Mensch soll schnell bereit sein zu hören, aber zurückhaltend im Reden und nicht schnell zum Zorn bereit, denn im Zorn tut der Mensch nicht das, was Gott recht ist" (Jak 2,19-20).

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 8 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Mittwoch, 12.03.2003

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