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Aus der Region

Wie kriegt man christliche Werte hierher?

Aus dem Engagement der Christusträger-Bruderschaft entsteht neues Leben im Rittergut Limbach

Sorgt für neues Leben in einem alten Rittergut: Werner Reinhuber von der Christusträger Bruderschaft.

Meißen -Auf Anfrage des Meißner Superintendenten Andreas Stempel sind im Jahr 2000 vier Mitglieder der Christusträger- Bruderschaft nach Meißen gekommen. Die Brüder Martin, Siegbert, Jörn und Franz leben zusammen, aber jeder von ihnen geht seiner beruflichen Arbeit nach: als Rechtsanwalt, als Altenpfleger, als Krankenhausseelsorger und als Sozialarbeiter. Darüber hinaus gehen sie in Gemeinden, vor allem Junge Gemeinden.

Die Mitglieder dieser in den 60er Jahren gründeten evangelischen Kommunität -es gibt sie als Bruder- und als Schwesternschaft -verpflichten sich ohne Gelübde, voreinander und vor Gott, verfügbar zu sein für die Aufgaben Gottes in der Nachfolge von Jesus Christus. Sie leben in Ehelosigkeit und Besitzlosigkeit (Gütergemeinschaft). Heute sind es weltweit 45 Schwestern und 35 Brüder. Die Bruderschaft hat ihren Sitz im Kloster Triefenstein am Main, im Gut Rallingen am Thunersee in der Schweiz und nun auch in Meißen. Darüber hinaus gibt es zwei Auslandsstationen: im Kongo und in Afghanistan. Hier arbeiten Brüder in medizinischen Stationen.

Bruder Martin, der eigentlich Werner Reinhuber heißt, hat den Beruf eines Tischlers erlernt und hatte gerade eine Ausbildung als Arbeitstherapeut hinter sich, als er nach Meißen umsiedelte. So ergab es sich, dass er sein Anerkennungsjahr in der Betreuung von Jugendclubs in und um das nahe gelegene Wilsdruff absolvieren konnte. Wie auch der Meißner Superintendent hatte der Wilsdruffer Bürgermeister gefragt: "Wie kriegt man christliche Werte wieder hierher?"

Doch Werner Reinhuber ging keineswegs los und drückte den Jugendclubs einen christlichen Stempel auf. Ihm geht es mehr um gelebtes Christentum, um praktische Nächstenliebe. Vor dem Hintergrund von Arbeitslosigkeit, Alkoholismus und Erfahrungen mit rechten Jugendlichen suchte er nach einem konkreten Projekt, um etwas zu bewirken. Dazu kam die Zusage eines Steuerberaters, für Jugendarbeit 50 000 Mark zur Verfügung zu stellen. Und dann war da die Erinnerung an das Rittergut in Limbach, vor den Toren Wilsdruffs. Werner Reinhuber hatte es einmal gesehen und war sofort begeistert. Hatte er doch bereits mit den Häusern der Brüder in Triefenstein und in der Schweiz Erfahrungen beim Restaurieren gesammelt.

So entstand fast über Nacht im Jahr 2001 das Projekt "Leben und Arbeit" mit einer Stiftung als Träger. Denn als er an die Türen klopfte bei Kommune, Kirche und Unternehmern, fand er dafür offene Ohren. Einzelstiftungen von Freunden von insgesamt einer Million Mark ermöglichten den Beginn. Das Arbeitsamt Pirna / Freital sagte 20 ABM-Stellen zu. 17 arbeitslose Jugendliche und drei Betreuer konnten so im ersten Jahr im Rahmen eines Jugend-Sozial-Programmes arbeiten, die Hälfte der Zeit für ihre Weiterbildung, die andere Hälfte praktisch am Rittergut.

Diese sonst dem Verfall preisgegebenen Gebäude aus dem 15. Jahrhundert sollen aufgebaut werden zu Werkstätten, Wohnbereichen, Seminarräumen, Ausbildungszentrum und Kulturscheune. Hier sollen nicht nur christliche Werte vermittelt, sondern durch gemeinsames Arbeiten und miteinander Teilen demokratische Fähigkeiten erworben werden.

Zunächst steht die Arbeit an den Gebäuden im Vordergrund. Auch wenn es schwer fällt, es sich vorzustellen, für Werner Reinhuber hat alles schon klare Konturen. Schulprojekte sollen angeboten werden. In den Wohnbereichen könnten Jugendliche einziehen, die vorübergehend betreut werden müssen. Schreiner- und Schlosserwerkstatt werden eingerichtet. Ein Unternehmen soll sich ansiedeln können, um Ausbildungsplätze zu stellen. Zu Seminaren und Freizeiten würden sich die Räume anbieten.

Ziel ist es, in Zukunft ohne ABM zu arbeiten. Die finanziellen Mittel der Stiftung sollen lediglich eine Geschäftsführerstelle ermöglichen. Diese hat zwar im Moment Werner Reinhuber inne, jedoch unentgeltlich.

Nachdem das erste Jahr zu Ende ging, war es für ihn hart, dass nur sechs der 17 jungen Leute eine weitere Beschäftigung fanden. Die anderen gingen wieder in die Arbeitslosigkeit. Seit Oktober 2002 sind wieder 18 ABM-Stellen bewilligt. So ist es ein Ziel, in diesem Jahr das Haus mit Wohnbereich und Werkstätten fertig zu stellen.

Doch auf lange Sicht, so ist sich Bruder Martin sicher, trägt sich solch ein Projekt nur, wenn es als Sache der Bevölkerung verankert ist. Ein Anker ist der Arbeitskreis, der sich aller zwei Monate trifft. Ihm gehört nicht nur der Stiftungsrat an, sondern auch die Schulleiterin, Pfarrer, Architekten, Mitarbeiter der Stadtverwaltung und engagierte Bürger. Es ist der "innere Kreis, der dem Ganzen die Seele gibt", so der Initiator. Daneben brauche es einen Freundeskreis, damit die Spenden nicht nachlassen.

Gerade wurde eine Initiative gestartet "1000 mal 1000". Wenn tausend Menschen für 1000 Euro einen Stifterbrief erwerben, unterstützen sie den weiteren Ausbau des Rittergutes. Und über allem steht das Motto der Christusträger- Bruderschaft: "Nicht nur die Bibel lesen, sondern auch etwas tun", wie es Werner Reinhuber formuliert.

Christine Reuther, stellvertretende Chefredakteurin der Evangelischen Wochenzeitung "Der Sonntag"

Kontakt:
Stiftung Leben und Arbeit,
Nossener Str. 4,
01723 Wilsdruff,
Tel. (03 52 04) 7 82 34,
Internet: www.leben-und-arbeit.net
Die Bruderschaft lädt zu Einkehr und Erholung ein,
auch Mitarbeiter als "Bruder auf Zeit" sind willkommen.
Kloster Triefenstein,
97855 Triefenstein.
Tel. (0 93 95) 7 77-0,
E-Mail: CT.Triefenstein@t-online.de
Die Meißner Brüder sind zu erreichen:
An der Frauenkirche 2,
01662 Meißen,
Tel. (0 35 21) 40 77 18,
E-Mail: ct.meissen@t-online.de

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 12 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 22.03.2003

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