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Sterzinsky: "Ich habe notwendige Entscheidungen nicht getroffen"

Diözesanrat: Entschuldigung ist mutiger Schritt / Bischöfe setzen Treuhandausschuss ein

Berlin (kna) - Der Berliner Erzbischof Kardinal Georg Sterzinsky hat die volle Verantwortung für die Finanzkrise des Erzbistums eingeräumt. In einem Schreiben, das am vergangenen Wochenende in allen Sonntagsmessen des Erzbistums verlesen wurde, erklärte Sterzinsky wörtlich: "Ich gestehe, dass ich notwendige Entscheidungen nicht getroffen oder nicht durchgesetzt habe, die zu einer Verhinderung der Notlage hätten führen können. Ich bitte um Entschuldigung und Nachsicht." Zugleich bat er "um die Bereitschaft, die anstehenden Veränderungen beherzt vorzunehmen". Dabei werde die ursprüngliche Zusage, dass niemand in die Arbeitslosigkeit entlassen werde, nicht eingehalten werden können, fügte er hinzu.

Kardinal will Vertrauen zurückgewinnen

In dem in Freising verfassten Brief dankte Sterzinsky den anderen deutschen Bischöfen für ihre Bereitschaft, beim Abbau der Schuldenlast des Erzbistums mitzuhelfen. Weiter kündigte er strukturelle Maßnahmen an, "die tief in das bisherige Gefüge von Erzbistum und Pfarreien, von kategorialer Seelsorge und Einrichtungen eingreifen". Zunächst müsse die Zahlungsfähigkeit des Erzbistums erhalten werden. Die Pastoral müsse so konzipiert werden, "dass bei der erforderlichen Reduktion der Ausgaben in einer Konzentration die wesentlichen Aufgaben der Diözese in Pastoral und Caritas gewährleistet bleiben", betonte Sterzinsky. Zudem gelte es, Vertrauen und Bereitschaft zur Mitarbeit zu bewahren oder zurückzugewinnen, besonders bei den Hauptamtlichen der Erzdiözese, aber auch bei allen Kirchensteuerzahlern und Spendern. Der Kardinal sicherte zu: "Was von meiner Seite aus und von Seiten der Bistumsleitung dafür erforderlich ist, soll geschehen." Dazu gehöre vor allem "Transparenz und wirksame Kontrolle, Wahrnehmung von Mitverantwortung und schließlich Aufarbeitung von Versäumnissen und Fehlern der Vergangenheit".

Entschuldigung ist einmalig und mutig

Für den Vorsitzenden des Diözesanrates der Katholiken im Erzbistum Berlin, Hans-Jürgen van Schewick, ist das Schreiben von Kardinal Georg Sterzinsky ein erster wichtiger Schritt zur Wiederherstellung des Vertrauens. Es sei ein "wirklich herausragendes und bemerkenswertes Ereignis", dass sich der Kardinal zu einer Entschuldigung durchgerungen habe, erklärte van Schewick am Montag in Berlin. Van Schewick bezeichnete es "einmalig und sehr mutig", dass Sterzinsky sich dabei an alle Bistumsangehörigen gewandt habe. Zugleich betonte er, das alte Vertrauen sei erst dann wieder hergestellt, wenn die Strukturen so geordnet seien, dass so etwas wie die derzeitige Finanzkrise nicht mehr auftreten könne und wenn in der Seelsorge "kein Kahlschlag" erfolge. Künftig müssten die Kompetenzen des Kirchensteuerbeirats und die Besetzung dieses Gremiums transparent sein. Van Schewick kritisierte, dass der Steuerungskreis, der über die Reformen entscheiden soll, "zu aufgebläht" sei. Mit 25 Mitgliedern sei er kein arbeitsfähiges Gremium.

Bischöfe geben 50 Millionen für Berlin

Die deutschen Bischöfe hatten kurz zuvor beschlossen, das hoch verschuldete Erzbistum Berlin mit einem Kredit von rund 50 Millionen Euro zu unterstützen. Zugleich setzten sie am Rande der Frühjahrsvollversammlung in Freising einen Treuhandausschuss ein, dem zwei Bischöfe, zwei Generalvikare und drei Finanzdirektoren angehören. Berufen wurden unter anderen der Hildesheimer Bischof Josef Homeyer, der Münsteraner Weihbischof Heinrich Janssen sowie die Generalvikare Norbert Feldhoff (Köln) und Theo Paul (Osnabrück). Berlins Generalvikar Peter Wehr dankte in der Hauptstadt den anderen Bistümern für ihre Hilfe.

Die 50 Millionen Euro sind ein Drittel der Gesamtschulden. Es handelt sich um eine freiwillige Hilfe "ohne jede rechtliche Verpflichtung", wie in einer Erklärung betont wird. Bis 31. Mai sollen die Diözesen verbindliche Zusagen abgeben. Der Schlüssel orientiert sich an der Umlage der Bistümer für den Verband der Diözesen. Der Mainzer Kardinal Karl Lehmann wollte nicht ausschließen, dass sich das eine oder andere kleinere Bistum nicht an der Aktion beteiligt. Im Laufe der Beratungen habe sich aber ergeben, "dass alle mithelfen wollen". Laut Lehmann wollen die kreditgebenden Bistümer mit dem Treuhandausschuss sicherstellen, "dass die Gelder strikt nach dem Sanierungsplan eingesetzt werden", den der Berliner Kardinal vorgelegt hat. Ob das Gremium sich auch mit Haushaltsfragen beschäftigt, ist den Angaben zufolge noch offen. In jedem Fall kann der Ausschuss nur im Einvernehmen mit dem Erzbistum tätig werden.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 12 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 22.03.2003

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