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Bistum Dresden-Meißen

Akzeptieren, was der andere lebt

Der Kirchentag soll sich nicht auf das Abendmahl beschränken -Eine Veranstaltung in Chemnitz

Gegenseitiges Verständnis: Trotz Unterschiede plädieren Ordinariatsrat Dittrich (links) und der evangelische Pfarrer Magirius dafür, den Kirchentag unbeirrt zu feiern.

Chemnitz -Bei der Abendveranstaltung "Chancen und Stolpersteine auf dem Weg zum Ökumenischen Kirchentag" am 12. März in Chemnitz gab es einmal Szenenapplaus. Den Beifall bekam ein älterer Herr aus dem Publikum. Nach einer langen Diskussion zum Abendmahl hatte er sich zu Wort gemeldet:

"Ich befürchte, dass sich beim Kirchentag alles um diesen strittigen Punkt dreht. Ehe man sich weiter darüber streitet, sollte man besser darüber nachdenken, wie wir besser zusammenhalten und gemeinsam etwas bewegen können."

Wenn von "Streit" die Rede sein konnte, dann von einem friedlichen, fairen und tiefgründigen. In seinem Statement nannte Ordinariatsrat Bernhard Dittrich drei Hindernisse, an denen das gemeinsame Abendmahl beim Kirchentag im Wesentlichen gescheitert ist: die unterschiedliche Vorstellung von der eucharistischen Gegenwart, das Amt und die eucharistische Gemeinschaft.

Katholische Christen glauben, dass Jesus nach der Wandlung in Leib und Blut gegenwärtig ist und bleibt -daher auch der Tabernakel. Bei evangelischen Christen gilt die Gegenwart nur für den Moment des Empfangs. Die Wandlung geschieht nach katholischem Verständnis durch Jesus Christus. In seiner Vollmacht feiert ein vom Bischof gültig geweihter Priester die Eucharistie. Luther hatte aber die Gemeinschaft mit den Bischöfen aufgekündigt. Deshalb liegt beim Amtsverständnis der Knackpunkt, wie später ein evangelischer Theologe sagte.

Deutliche Unterschiede zeigten sich letztlich auch bei der Frage, wer an der Eucharistie teilnehmen darf. "Jesus lädt zum Abendmahl jeden ein! Er hat sein Abendmahl mit Judas gehalten und mit Männern, die später stritten, wer der Größte ist", stellte der evangelische Pfarrer Christoph Magirius bei seinem Statement in den Raum. Bernhard Dittrich hielt dagegen, "dass Jesus bewusst mit den Jüngern das Abendmahl gefeiert hat und nicht mit allen, mit denen er vorher gegessen und getrunken hatte." Nach katholischer Ansicht kann nur der zur Kommunion gehen, wer die Gemeinschaft der Kirche bejaht, auch die Gemeinschaft mit den Bischöfen, dem Papst und den Heiligen. Die Eucharistie baut die Kirche auf.

Die Wortmeldungen zeigten, dass das Abendmahl im Leben vieler evangelischer Christen die gleiche Rolle spielt wie in dem der Katholiken und dass beide Seiten die Hindernisse für ein gemeinsames Abendmahl bedauern. "Die Differenzen beim Abendmahl sind für keinen von uns ein Stolperstein auf dem gemeinsamen Weg", versicherte Christoph Magirius. Und Bernhard Dittrich schlug vor: "Wir sollten Achtung voreinander haben und akzeptieren, was der andere lebt. Auch wenn sich die Medien auf das immer noch getrennte Abendmahl konzentrieren, sollten wir unbeirrt unseren Kirchentag feiern!"

"Der Kirchentag bietet die Möglichkeit", so der Ordinariatsrat im letzten Teil des Abends, "Gott Farbe zu geben". Schwerpunkte wie 'Die Welt gestalten' und 'In Verantwortung handeln' deuten da schon konkrete Chancen an." Dass die Besucher begeistert vom Kirchentag zurückkommen, versprach das Schlusswort von Christoph Magirius. Er berichtete von seinen Erlebnissen und Eindrücken bei früheren Kirchentagen: Von Gastfreundschaft, von Gesprächen bei Tisch, von Bibelarbeit, Musik und Podiumsdiskussionen. Viele Bilder erschienen noch so scharf wie am gleichen Tag. "Vom Kirchentag bin ich immer mit einem Sack voller Schätze nach Hause gekommen. Es dauert ein Jahr, um alle Impulse zu verarbeiten."

Damit die ökumenischen Impulse des Kirchentages nicht verpuffen, sprach Thomas Steger von der Propstei am Schluss eine Einladung aus: Zum ökumenischen Gesprächskreis. "Das Miteinander soll nach Berlin auch in Chemnitz anders werden!" In die Liste trugen sich 14 Chemnitzer ein, sicher auch der ältere Herr.

Gert Friedrich

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 13 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 07.04.2003

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