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Bistum Görlitz

Bibel abschreiben ist eine Ehre

Doris Weigert und Dorothea Richter baten um Unterstützung "von oben"

Genaues Hinschauen ist wichtig: Dorothea Richter (links) und Doris Weigert beim Abschreiben.

Vetschau -"Wenn ich da auf irgendeine Art mitmachen dürfte, das wäre was Tolles. Das wäre eine richtige Ehre für mich." Diese Gedanken schossen Doris Weigert (48) durch den Kopf, als sie erfuhr, dass Mitglieder des ganzen Bistums aufgerufen sind, die Bibel abzuschreiben. "Da sollte ja nicht irgendein Buch abgeschrieben werden, sondern die Heilige Schrift. Das Buch der Bücher."

Bis vor einigen Jahren hätte Doris Weigert nie gedacht, dass die Heilige Schrift und der christliche Glaube jemals eine solche Faszination auf sie auswirken würden. In einem sozialistischen Elternhaus aufgewachsen, war eine atheistische Erziehung selbstverständlich. "Lange Zeit wusste ich noch nicht einmal, was die Bibel überhaupt ist", erzählt sie. Heute wohnt Frau Weigert im katholischen Pfarrhaus der Gemeinde Heilige Familie, direkt neben der Kirche. Sie ist Hausmeisterin, Lektorin und Küsterin zugleich. Und seit vier Jahren gläubige Christin und Angehörige der katholischen Kirche. Da war es für sie gar keine Frage, auch bei der Aktion "Bistumsbibel" mitzumachen.

Dorothea Richter (67) hatte da zunächst schon eher Bedenken. "Erst dachte ich, da sollte ich nicht mitmachen, weil meine Handschrift so unleserlich ist. Und schließlich soll man das Abgeschriebene noch mal lesen", sagt sie lächelnd. "Doch die Idee ist gerade im Jahr der Bibel so toll, da habe ich mich zusammengerissen und bemüht, sorgfältiger zu schreiben."

Doris Weigert ging noch einen Schritt weiter: "Bevor ich die ersten Zeilen des Buches Ezechiel geschrieben habe, hatte ich richtig Herzklopfen. Dann habe ich Gott um Hilfe gebeten, dass ich schön schreibe und ruhig bleibe." Mit Erfolg: In nur vier Stunden hatte Frau Weigert ihr ganzes Pensum von sechs Seiten fertig geschrieben -fehlerfrei.

Zehn weitere Schreiber im Alter von 16 bis 80 Jahren -darunter nur ein einziger Mann -gesellen sich in der Vetschauer Gemeinde zu den beiden Frauen. Die leeren Seiten der zukünftigen Bistumsbibel gehen reihum. Jedes Gemeindemitglied fügt seinen Part vom Buch Ezechiel hinzu. "Drei Schreibstifte haben wir schon verbraucht", lacht Frau Weigert. "Und wir sind immer noch nicht fertig. Sogar Papier mussten wir schon im Seelsorgeamt nachfordern."

Abschreiben ist wie eine Impfung ins Gehirn

Dorothea Richter (67) hat ihren Part vom Buch Ezechiel ebenfalls schon geschafft. Was jedoch gar nicht immer so einfach schien: "Am Anfang war es mir egal, was ich abschreibe", sagt sie. "Doch als ich dann die ersten Verse vom Buch Ezechiel geschrieben hatte, da dachte ich: ,Mensch, was haben wir da nur für eine Stelle bekommen'. Es gibt schon wirklich fremdartige, beinahe grausame Stellen in der Bibel. Als ich die Verurteilung der Dirne (Ez 16, 1-63) abgeschrieben habe, hat mich das beschäftigt. Ezechiel hätte ich wohl niemals nur so gelesen, da er einer der schwersten Propheten ist. Jetzt kenne ich Passagen von ihm fast wörtlich", lächelt sie.

Dennoch sind sich beide Frauen einig: Die Bibel abzuschreiben, das ist wie eine Impfung ins Gehirn. "Auch wenn ich fast die ganze Bibel schon einmal gelesen habe, ist mir die abgeschriebene Stelle doch viel tiefer ins Bewusstsein gerückt", sagt Frau Weigert. "Das hat mich nur noch mehr darin bestärkt, dass die Bibel ein Buch für alle Zeiten ist." Stolz sagen die beiden Frauen: "Und an einer besonderen Ausführung dieses Buches durften wir mitwirken. Erst in ein paar Jahren wird uns sicher bewusst, was wir alle im Bistum im Jahr der Bibel geschafft haben."

Michaela Mürmann

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 16 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 17.04.2003

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