Lobet und preiset den Herrn
Es ist nicht weltfremd, wenn wir Christen Gott loben und preisen.

Wo hört man heute noch Lobpreis? Höchstens in der Werbung oder aus dem Munde von Politikern, wenn sie von ihrer eigenen Partei sprechen. Lob der Erde, Lob des Landes, Lob der Arbeit, Lob der Freiheit, Lob des Friedens und des Wohlstands, Lob der Kirche -das alles entspricht dem heutigen Bewusstsein nicht mehr. Goethe und Schiller konnten noch in Zustimmung zu Gott und Welt Lob und Dank aussprechen, zum Beispiel Goethe im Prolog zum "Faust" oder Schiller im "Lied von der Glocke". Ihr Glaube an das Leben überwiegt die Missstimmigkeiten, die sie gewiss auch erfahren haben.
Heute wird man nur selten die Beschreibung einer Landschaft finden, in der nicht auf die schwerwiegenden Umweltprobleme hingewiesen wird. Man wird eher scharfe Kritik am Zustand der Welt und unserer Gesellschaft üben, als die positiven Seiten herausstellen. Eine Mängelliste muss her! Wer ernst genommen werden will, muss kritisch sein. Natürlich kann man die vielen Probleme nicht leugnen. Die "heile Welt" gibt es nicht. Wir sind bis in die Gegenwart belastet durch eine Geschichte furchtbarer Gräuel. Ökologische Schäden haben globalen Charakter. Naturkatastrophen scheinen immer größere Ausmaße anzunehmen...
Die Kirche aber lobt und dankt Gott jeden Sonntag im "Gloria" und in der "Präfation". Ist es nicht naiv und weltfremd, wenn wir Christen im Gottesdienst singen: "Lobe den Herren, der alles so herrlich regieret, der dich auf Adelers Fittichen sicher geführet, der dich erhält, wie es dir selber gefällt. Hast du nicht dieses verspüret?" Nicht alle Menschen haben dieses "verspüret". Warum hat der gute, allmächtige Gott die Unschuldigen nicht beschützt? Und so können sie in dieser Sprache nicht mehr einfach einstimmen in das Gotteslob. Ihnen ist die verhaltene Sprache der Dichterin Eva Zeller näher: "Ich muss weiter zurück / wo nichts mehr frohlockt / künstlich und fein bereitet / worden zu sein // Aber / Ich glaube / Noch als Stein / würfe ich mich / in den Riss / der mich selber / zerreißt."
Lob Gottes und seiner Schöpfung ist letztlich nur dem möglich, der im Glauben das Ganze der Welt im Blick hat und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umfasst. Ist so etwas möglich? Der Glaube an die Auferstehung Christi und an unsere ewige Zukunft ermächtigt dazu. Ostern gibt Grund zum Lobpreis: Das Leben siegt über den Tod. Wenn auch der Modergeruch des Todes an allem haftet, der Duft des Lebens ist stärker: "Lob setzt Zustimmung voraus. Man muss die Gaben des Lebens erkennen, das ungeschuldete Leben, um einem Geber Dank zu sagen. Auf der Informationsebene wird kein Lob gesprochen. Bloßen Nachrichtensammlern und Informationsabho- lern bleibt der Blick auf das Wunders des Lebens verschlossen. Lob verlangt andere Aufmerksamkeit. Vielleicht braucht Schöpfungslob heute ein mystisches Auge" (Paul Konrad Kurz).
Pater Damian Meyer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 17.04.2003