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Bistum Erfurt

Sonnenblumen der Hoffnung

Erfurt gedachte der Bluttat am Gutenberg-Gymnasium

Erfurt (tb / tdh) -Bei vielen Menschen in Erfurt wuchs in diesen Tagen die Angst. Am vergangenen Wochenende jährte sich zum ersten Mal das Grauen vom Gutenberg-Gymnasium, wo am 26. April 2002 ein ehemaliger Schüler innerhalb weniger Minuten 16 Menschen erschoss und zuletzt sich selbst umbrachte. Ein Jahr nach dem Verbrechen, das das ganze Land über Tage hinweg geschockt erstarren ließ, befürchteten viele Erfurter, die Bluttat in der Erinnerung noch einmal durchleben zu müssen.

Lange Überlegungen zu angemessenem Gedenken

Dem Gedenktag vorausgegangen sind langwierige Überlegungen zu angemessenen Formen des Gedenkens, wie sie seit Jahresbeginn verstärkt im Erfurter Rathaus diskutiert wurden. Die Arbeitsgruppe um Oberbürgermeister Manfred Ruge (CDU) mit Vertretern der Schulen, der unmittelbar Betroffenen und der Kirchen mussten dabei das scheinbar Unmögliche wagen -ein Gedenkprogramm entwerfen, das mit Kerzen und Kränzen, Reden von Politikern und Wissenschaftlern, geistlicher Besinnung und getragener Musik den mannigfaltigen Erwartungen gerecht wird.

"Das Gedenken darf nicht ritualisiert werden", warnte die Schulleiterin des Gutenberg- Gymnasiums, Christiane Alt. Seit Mai vorigen Jahres findet der Unterricht ihres Gymnasiums in einem anderen, aus der DDR-Zeit stammenden Schulbau statt. Wichtig sei für Schüler und Lehrer, dass sie ihren Schmerz und ihre Trauer, aber auch die Wünsche an die Zukunft gemeinsam an einem Ort zum Ausdruck bringen könnten. Zeitig schon hätten sich die Angehörigen der Opfer und die Schulleitung für ein stilles Gedenken entschieden, sagt die Pädagogin.

So haben das Stadtbild von Erfurt haben am vergangenen Wochenende Sonnenblumen bestimmt. Auf der Freitreppe zu Füßen des Doms waren sie kunstvoll zu einem überdimensionalen "G" gelegt, das in der Form der klassischen Frakturbuchstabens vom Gutenberg- Gymnasium als Logo verwendet wird. Mit der Bluttat vor einem Jahr ist der Buchstabe zum weithin bekannten Symbol für ein unvorstellbares Verbrechen geworden.

Doch für die rund 5 000 Teilnehmer der Gedenkveranstaltungen wurde das leuchtende Gelb der Blüten auch zu einem Zeichen der Hoffnung und des Ausblicks. Es fand sich in den Blumengebinden auf den Domstufen für die kaltblütig erschossenen Opfer ebenso wieder, wie in den Kränzen am damaligen Tatort, dessen Umgestaltung zu einem modernen Gymnasium bis zum Herbst 2004 abgeschlossen sein soll. Von Wünschen und Träumen für die Zukunft sprachen an diesem Gedenktag Schüler und Lehrer sowie Pfarrer, Polizisten und Politiker. Mehr Mitmenschlichkeit im gegenseitigen Umgang war dabei der übereinstimmende Tenor aller Wortmeldungen, mit denen die unmittelbar Betroffenen ihre anhaltende Trauer in neue Zuversicht umzuwandeln versuchten. Dabei wurden auch kritische Anfragen nach dem "Willen zur Veränderung" deutlich, von dem nach der Auffassung vieler ein Jahr nach dem Attentat nicht mehr viel zu spüren ist.

Schülerinnen und Schüler nannten eine Gesellschaft mit mehr Raum für "Träume und Träumer" als ihr größtes Anliegen. Werte wie Akzeptanz, Toleranz und Courage standen ganz oben auf der Liste ihrer "Lebenswünsche".

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 18 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 02.05.2003

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