Voller Einsatz für Osteuropa
Vor zehn Jahren wurde die Solidaritätsaktion Renovabis gegründet
Freising - Die Hilfsbereitschaft der deutschen Katholiken ist seit Jahren bekannt. Selbst der Apostolische Nuntius, Erzbischof Giovanni Lajolo, sprach bewundernd davon, dass die Gläubigen in Deutschland "sehr großzügig" seien und im Geiste einer geschwisterlichen Liebe andere Kirchen und Völker unterstützen. Als der Eiserne Vorhang fiel, war es daher für das Zentralkomitee der deutschen Katholiken klar, dass den Ländern im Osten geholfen werden müsse. Auf Initiative der Laien gründete schließlich die Bischofskonferenz 1993 die Solidaritätsaktion "Renovabis". Am 2. Mai ist es zehn Jahre her, dass in den Gemeinden erstmals für die Menschen in Mittel- und Osteuropa gesammelt wurde.
Zehn Millionen Euro
Umgerechnet mehr als zehn Millionen Euro kamen damals bei der Pfingstaktion zusammen. Bis heute sind rund 260 Millionen Euro an Spenden eingegangen, mit denen knapp 10 000 Projekte in 27 Ländern gefördert werden. Kindergärten, Kirchen und Schulen wurden gebaut sowie alte, kranke und behinderte Menschen unterstützt. Getreu dem Psalm 104 mit den lateinischen Worten "Renovabis faciem terrae" (Du wirst das Antlitz der Erde erneuern) soll Kirche und Gesellschaft in den östlichen Ländern im Geiste Gottes erneuert werden, wie Geschäftsführer Dietger Demuth sagt. Der Redemptoristenpater ist überzeugt, dass auch nach dem Beitritt einiger Oststaaten 2004 in die EU die Arbeit von Renovabis nicht zu Ende ist. Die sozialen Probleme bleiben. Vor allem aber der Dialog zwischen Ost und West müsse weiter vorangetrieben werden, um Europas geistig-kulturelle Einheit zu fördern, betont Demuth. Viel Handlungsbedarf sieht er außerdem in den Ländern, die auf absehbare Zeit nicht der EU beitreten werden. Gerade in den Balkanstaaten, in Rumänien, der Ukraine und Russland gelte es, massiv materiell zu helfen.
Die Arbeit der Solidaritätsaktion weiß auch der Präsident des Deutschen Bundestages, Wolfgang Thierse, zu schätzen. So habe Renovabis im Lauf der Zeit ein immer engeres Fördernetz für religiös-kirchliche, soziale und kulturelle Projekte geknüpft, schreibt er in einem Grußwort. Noch aber gebe es keinen Grund, die Hände in den Schoß zu legen. "Obdachlose, Kinder, mangelnde Wärmeversorgung im Winter, veraltete medizinische Geräte in Krankenhäusern, alte Menschen in schwierigen Lebenslagen - an Aufgaben wird es Renovabis auch weiterhin nicht fehlen." Mittlerweile liegt der Schwerpunkt auf Investitionen in Menschen sowie in konkreten Sozial- und Bildungsmaßnahmen.
Der Kölner Erzbischof, Kardinal Joachim Meisner, der auch Vorsitzender des Trägerkreises von Renovabis ist, würdigt in seinem Schreiben den Einsatz der vielen Spender zu Gunsten der Bedürftigen: "Aus der Solidaritätsaktion ist längst eine Solidargemeinschaft geworden, in der ein beiderseitiges Nehmen und Geben selbstverständlich geworden ist." Auch die Katholiken in Westeuropa würden viele spirituelle und geistige Impulse empfangen, die ihr Glaubensleben mit neuer Kraft und Dynamik erfüllen könnten.
Freisinger Denkmäler
Der Sitz für ein Osteuropa-Hilfswerk im oberbayerischen Freising konnte im Übrigen his-torisch gesehen nicht passender gewählt werden. Dort nämlich entstanden einst im 10. Jahrhundert die so genannten Freisinger Denkmäler. Auf ihnen ist in slawischer Sprache niedergeschrieben: "Dir, oh gnädiger Gott, übergebe ich all meine Worte und meine Werke und meine Gedanken und mein Herz und meinen Leib und mein Leben und meine Seele." Das Schriftstück gilt als kostbarstes Zeugnis einer Seelsorge, die von Freising aus unter den Slowenen wirksam wurde. Ihre Botschaft habe über Jahrhunderte hinweg ihre aktuelle Bedeutung erhalten, so Kardinal Friedrich Wetter, Erzbischof von München und Freising. Die Anrufung Gottes sei Anstoß für christliches Handeln. Renovabis habe mit seiner Arbeit einen entscheidenden Beitrag für den Aufbau eines geeinten Europas geleistet.
Barbara Just
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 02.05.2003