"Grüßen Sie nochmal die guten Burschen"
Die Kolpingsfamilie Erfurt, die älteste im Bistum, beging ihr 150-jähriges Jubiläum
Erfurt -"Es gibt kaum einen Verband in der Stadt mit einer so langen, ununterbrochenen Tradition". Der Vorsitzende der Erfurter Kolpingsfamilie, Michael Meinung, ist sichtlich stolz, als er das sagt. Am vergangenen Wochenende feierte Kolping 150-jähriges Jubiläum.
Hochkarätig war dann auch die Gästeliste beim Festakt am 3. Mai im Coelicum der Theologischen Fakultät. Bischof Joachim Wanke und Weihbischof Hans-Reinhard Koch waren da. Ministerpräsident Bernhard Vogel war gekommen, um die Festrede zu halten. Anwesend waren auch der frühere Generalpräses des Internationalen Kolpingwerkes, Heinrich Festing, Bundesvorsitzender Heinz Schemken sowie Erfurts Oberbürgermeister Manfred Ruge.
Das Kolpingwerk - in der Öffentlichkeit oft der charmante Rest einer vergangenen Epoche, etwas, was seine Zeit gehabt hat. Zu bieder, zu brav. Das alles ist den Kolpingmitgliedern bewusst.
Doch die Anliegen Adolph Kolpings haben nichts von ihrer Aktualität verloren. Die sozialen Umbrüche in der Mitte des 19. Jahrhunderts sind mit denen heute vergleichbar. Das Kolpingwerk hat sich vom "Gesellenverein", der sich ursprünglich um die wandernden Handwerker kümmerte, zu einem der stärksten katholischen Sozialverbände in Deutschland entwickelt. 270 000 Mitglieder in Deutschland, etwa 450 000 weltweit. Im Gegensatz zur geballten Faust des Kommunistischen Manifestes, habe Kolping die Hand ausgestreckt, betonte Ministerpräsident Bernhard Vogel in seiner Festrede. "Nicht die stärkeren Bataillone, sondern die besseren Konzepte haben sich durchgesetzt." Wie im 19. Jahrhundert brauche es auch heute engagierte Menschen, die "die Zukunft der nachfolgenden Generationen sichern."
Das Problem Kolpings heute ist sicher das der Kirche, der Gesellschaft: Es fehlen junge Leute. "Ich habe ein Geburtstagswunsch: Verjüngt euch", sagte Bischof Wanke in seinem Grußwort unter dem Beifall der Festversammlung. Das sei nicht einfach, aber auch junge Leute hätten heute den Wunsch "etwas im Miteinander und Füreinander zu bewegen". Viele Kolpingmitglieder würden sich nicht nur kirchlich, sondern auch gesellschaftlich engagieren. Das Thüringer Kolping-Bildungswerk kümmere sich erfolgreich um sozial benachteiligte Jugendliche, Behinderte, aber auch Arbeitslose und Menschen, die am Rand stehen.
Während sich nach dem Krieg der Verband im Westen ungehindert entfalten konnte, blieben in der DDR seine Aktivitäten auf den binnenkirchlichen Raum beschränkt. Vereinsbanner und Symbole durften nicht getragen werden -auch in Erfurt nicht.
Wirksamer Zusammenhalt in schwieriger Zeit
Der frühere Generalpräses des Internationalen Kolpingwerkes, Heinrich Festing erinnerte deshalb vor allem an das Wirken von Diözesanpräses Paul Uthe und dem Vorsitzenden Georg Meinung, dem Vater des heutigen Erfurter Kolping-Chefs. Sie hätten die Kolpingsfamilie in schwieriger Zeit geführt. "Ich empfinde tiefe Dankbarkeit gegenüber den Leuten von damals, die hervorragende Arbeit geleistet haben."
Als sich am 5. Mai 1853 elf Handwerksgesellen unter der Leitung des Webers Franz Fibig in der Erfurter Domschule versammelten, um zunächst den "Jünglingsverein" zu gründen, ahnten sie wohl noch nicht, welch stürmischen Zeiten, besonders in den Diktaturen, der Verband entgegengehen würde. Das zeigte eine Ausstellung über die Kolping-Geschichte in Erfurt, die im Kreuzgang des Domes zu sehen war und in Zusammenarbeit mit dem Domarchiv erstellt wurde. Nicht nur das älteste Foto des Vereins von 1865, sondern auch zwei Briefe Kolpings an den Gründungspräses Carl Cron waren dabei. In einem heißt es: "Grüßen Sie nochmal die guten Burschen und sagen Sie ihnen, sie sollen nur treu zusammenkommen, sich gut aufführen und alles wird schon gut gehen." Ein Rat, so ist der Vorsitzende Michael Meinung überzeugt, den die Erfurter befolgt haben.
Andreas Schuppert
KolpingwerkAufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 08.05.2003