Bereit für den Dienst an Gott und den Menschen
Am 7. Juni werden in Dresden, Erfurt und Magdeburg fünf Männer zu Priestern geweiht
Aus dem 180-Seelen-Ort Sickerode im Eichsfeld stammt Timo Gothe. Er wird am 7. Juni in Erfurt zum Priester geweiht. Als wichtigen Mosaikstein auf seinem Weg bezeichnet Gothe die Glaubensprägung durch seine Familie. Das ist ein gutes Fundament, auf "dem man auch in einer Diasporakirche kreativ aufbauen" könne, wie er rückblickend sagt.
1974 geboren, lernt er nach seiner Schulzeit zunächst den Beruf des Werkzeugmechanikers in seiner eichsfeldischen Heimat. Dann folgt der Zivildienst, den Gothe im Marcel-Callo-Haus in Heiligenstadt, dem Jugend- und Bildungshaus des Eichsfeldes, leistet. "Hier kam ich stärker mit kirchlicher Jugendarbeit in Berührung", berichtet er. "Und durch die Arbeit in der Dekanatsjugend habe ich Menschen, besonders Priester getroffen, die mich sehr beeindruckt haben."
Dass er sich damals entschlossen habe, das Abitur nachzuholen, war wohl die entscheidende Weichenstellung für seinen Lebensweg. In den drei Jahren Abendschule reift der Wunsch heran, Theologie zu studieren und Priester zu werden. 1995 geht er zum Sprachenkurs für Latein und Griechisch, der zu dieser Zeit am Norbertuswerk in Magdeburg stattfindet. Ab 1996 studiert er in Erfurt Theologie. Seine Freisemester verbringt er 1998/99 in Tübingen.
Im Laufe der Jahre kommt er durch die geistige Auseinandersetzung, die das Studium verlangt, immer mehr zur Überzeugung: "Der eingeschlagene Weg ist der richtige." Stärkende Erfahrungen hat Timo Gothe zudem in den beiden Gemeinden gemacht, in denen er seine Praktika absolvierte: 2001 das Katechetische Praktikum in Breitenworbis, 2002 das Diakonatspraktikum in Eisenach. Nicht missen möchte der Diakon die Erfahrungen im Obdachlosenprojekt der Eisenacher Caritas.
Die Verkündigung ist für ihn eine wesentliche Aufgabe seines künftigen priesterlichen Dienstes. "Worte und Leben des Priesters sollen Zeugnis davon geben, dass Jesus der Weg, die Wahrheit und das Leben ist", meint Gothe. Dabei geht er davon aus, dass alle Christen diesem Auftrag verpflichtet sind, Zeugnis in der Welt zu geben. "Es nützt nichts, wenn nur der Bischof sein ,Licht auf den Leuchter' stellt", meint er im Hinblick auf die gleichnamige pastorale Initiative im Bistum Erfurt. Sein Primizspruch stammt aus dem dritten Kapitel des Epheserbriefes: "Durch den Glauben wohne Christus in eurem Herzen."
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Auf seinem Weg zum Priestertum entdeckt Marcus Hoffmann aus Lucka viele kleine Puzzle, die sich zu einem Bild zusammenfügen. Er wird für das Bistum Dresden-Meißen am 7. Juni zum Priester geweiht. Einen Tag zuvor, am 6. Juni, feiert er seinen 29. Geburtstag.
Nach dem Abitur 1993 leistet er den Zivildienst in einem Familienferienheim in der Nähe von Koblenz. Auf den Gedanken, Priester zu werden, kam er durch Menschen, die ihn in ihrem Leben und Handeln fasziniert haben. "Da habe ich gespürt, dass sie aus einer anderen Quelle leben." Eigentlicher Auslöser aber war ein Mensch, der ihn mit dieser Frage direkt konfrontiert hat. "Das hat mich nicht mehr losgelassen."
1995 geht er zum Sprachenkurs ins Norbertuswerk nach Magdeburg, danach zum Theologiestudium nach Erfurt. Mit viel Unterstützung aber auch kritischen und weiterhelfenden (An-)Fragen begleitet seine Familie und sein Freundeskreis diese Entscheidung. Seine Freisemester, in denen jeder Priesteramtskandidat außerhalb des Seminars lebt, verbringt er im bayerischen Regensburg. Das katechetische Praktikum absolviert er in Dresden-Strehlen, sein Diakonatspraktikum in Löbau.
Eine seines wichtigsten Aufgaben als Priester sieht Hoffmann in der Gesprächsseelsorge. Das setze natürlich Vertrauen voraus. "Als Priester kann man aber signalisieren, dass man zu intensiveren Gesprächen bereit ist." Darüber hinaus hat ihm während seiner Praktika besonders die Jugendarbeit Spaß gemacht. Marcus Hoffmann hält aber alle Gruppen in einer Gemeinde für wichtig. "Die Gemeinden von heute haben ein großes kreatives Potenzial", ist der Weihekandidat überzeugt. Der Seelsorger habe die Aufgabe, diese Kreativität zu entdecken und zu entfalten. Und das bedeutet, dass er selbst den Mut haben muss, Dinge aus der Hand zu geben und anderen zu überlassen. Hoffmann: "Das braucht natürlich Geduld und den Willen, die Leute zu befähigen, daran mitzuarbeiten." Wichtig sei, dass "Gott und damit auch der Mensch in die Mitte gerückt wird".
Auf seinem Primizbild wird unter anderem ein Kreuz aus seiner Heimatkirche zu sehen sein, das vom sächsischen Künstler Friedrich Press stammt und den Titel "Der letzte Schrei" trägt. Nach einem Wort des Psalmisten und dem Lukasevangelium lautet der Primizspruch: "Vater, deinen Händen vertraue ich mein Leben an".
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Den wohl längsten Weg, den einer der diesjährigen Weihekandidaten hinter sich hat, ist Thomas Hajek aus Zittau gegangen. 1967 in Zittau geboren, lernte er nach der Schule zunächst Autoschlosser. Danach hat er für zwei Jahre bei der Jugendseelsorge des Bistums Dresden-Meißen gearbeitet. Im Jahr der Wiedervereinigung 1990 trat er in das Spätberufenenseminar Norbertuswerk Magdeburg ein, um das Abitur zu machen. Ein Schritt, der für seinen Entschluss, Priester zu werden, wesentlich, aber noch nicht entscheidend war.
Zweifel plagten ihn, was Thomas Hajek aber nicht als Belastung, sondern als seinen Weg der Suche empfand. "Ich wollte losgehen, um Erfahrungen zu sammeln, habe mich aber immer gefragt, ob es gut ist, ohne eigene Familie zu leben", sagt er heute im Rückblick. 1993 macht er Abitur und geht nach Erfurt zum Theologiestudium.
Nach der ersten Theologischen Hauptprüfung wechselt er Studienort und Hochschule -es folgen drei Jahre in Rom, wo er mit dem Baccalaureat der Theologie abschließt. Hajek ist weiter auf der Suche.
Dann kommt die Zeit, die ihn besonders prägen wird: Ein Praktikum in der Offenen Jugendarbeit der Salesianer in Chemnitz. Die Beschäftigung mit jungen Leuten "schwieriger Herkunft" hat ihm eine wichtige Aufgabe der Kirche deutlich werden lassen: Über den Tellerrand hinauszublicken und anderen etwas von der Hoffnung zu erzählen, die die Christen erfüllt. Mission im eigentlichen Sinn will er es zwar nicht nennen. Aber: "Wichtig ist für mich, wie wir Menschen wahrnehmen, die nicht zur Gemeinde gehören oder selten zur Kirche kommen." Und in der Jugendarbeit in Chemnitz hat er gelernt, andere so zu achten, wie sie sind. Hajek: "Als Christen sollen wir dem anderen zeigen: Wir achten deine Würde, du bist uns wichtig."
Hajek geht nach Frankfurt/ Main an die Hochschule St. Georgen und schließt sein Studium mit dem Lizentiat der Theologie ab. Das Gemeindepraktikum absolviert er in Leipzig- Reudnitz, das Diakonatspraktikum hat er in Greiz gemacht. Die Nähe des Daseins Jesu als ein Geschenk in seinem eigenen Leben zu entdecken, das möchte Thomas Hajek auch anderen weitergeben.
Sein Primizspruch fällt ziemlich lang, aber einprägsam aus: "Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht, Christus, meine Zuversicht, auf dich vertrau ich und fürcht mich nicht (aus Taizé)". Und: "Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!" (Joh 20,27).
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"Glaube ist keine traurige Sache, ganz im Gegenteil", sagt Joachim Uttich. "Das möchte ich den Menschen, die mir begegnen, nahe bringen. Mit meinen Fähigkeiten und Möglichkeiten möchte ich die Freude und Befreiung, die ich im Glauben erfahren habe und erfahre, an andere weitergeben." Dementsprechend hat sich der 27-Jährige einen Vers aus dem biblischen Buch Nehemia (Kapitel 8, Vers 10) als Primizspruch ausgesucht: "Die Freude am Herrn ist eure Stärke."
Im Diakonatspraktikum in Wittenberg hat Uttich beeindruckt, "wie die Gemeinde den Glauben praktiziert". "Ich habe mich jetzt über Jahre theoretisch damit auseinandergesetzt. Die Leute aber schaffen es, Christsein im Alltag zu leben. Daran sehe ich, dass Gott tatsächlich wirkt", sagt Uttich. Und: "Deshalb muss das Gespräch über den Glauben in der Gemeinde etwas ganz Selbstverständliches sein."
1991 ist Uttich, damals 16 Jahre alt, in Zeitz mit der ganzen Familie zur katholischen Kirche konvertiert. "Ich selbst war bereits im katholischen Kindergarten und immer bei den religiösen Kinderwochen dabei ...", sagt Uttich, und fügt gleich hinzu: "Ich war immer recht vorsichtig, dass ich als Konvertit nicht meine Begeisterung mit einer Berufung zum priesterlichen Dienst verwechsele. Doch über die Jahre hinweg und durch viele Begegnungen in den Gemeinden bin ich zur Überzeugung gekommen: Es ist Gottes Wille, und da mache ich das."
Bei aller Begeisterung habe er sich zu manchem in der katholischen Kirche erst ein Verhältnis erarbeiten müssen, erzählt Uttich. So zum Beispiel zur Marienverehrung. Doch das sei schließlich kein Nachteil.
Dass ihm die Ökumene wichtig ist, sei bei seiner Biografie nur natürlich, sagt der Theologe: "Ich denke, dass die Ökumene ein wesentlicher Punkt ist, der jede Gemeinde beschäftigen muss. Für ein wahrhaftiges christliches Zeugnis ist die Einheit einfach notwendig, auch wenn es schon viele positive Ansätze gibt. Dazu zu kommen, erfordert ,große Einfühlsamkeit', denn es geht oft nicht nur um theologische Fragen."
Vor allem sei Vertrauen zueinander nötig und dass man sich gegenseitig ernst nimmt, sagt Uttich, nicht nur zwischen den Konfessionen, sondern auch in den Gemeinden zwischen den Leuten und den Seelsorgern. Ein solches Vertrauen und Geduld mit der eigenen Unfertigkeit wünscht er sich auch von der Gemeinde, in die er als Neupriester geschickt wird.
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"Ich möchte mit den Menschen in meiner Umgebung, die wenig von Gott wissen, ins Gespräch kommen", sagt Johannes Zülicke. "Gerade weil ich ganz selbstverständlich mit dem Glauben in der Familie, in einer intakten Gemeinde und im Norbertusgymnasium aufgewachsen bin, ist mir das ein Anliegen -ohne gleich ausdrücklich missionieren zu wollen."
Ein Erlebnis hat den 25-jährigen gebürtigen Magdeburg-Sudenburger in seiner Absicht, etwas von Gottes Liebe spürbar zu machen, besonders bestärkt: Im Diakonatspraktikum in Dessau hatte er im Auftrag des Bischofs rund 100 Opfern der Flutkatastrophe Bibeln zu verteilen -als Zeichen der Solidarität und Hoffnung. "Ich kam mir wie ein Versicherungsvertreter vor", erinnert sich Zülicke. "Oft haben mich die Leute am Gartenzaun abgefertigt. Nach anfänglicher Zurückweisung haben dennoch viele das Geschenk entgegengenommen. Und das eine oder andere gute Gespräch gab es dabei auch." Für ihn sei das ein Stück Sinnbild geworden, was Priestersein ausmachen kann: "Nahe bei den Menschen in ihrer Lebenswelt zu sein, ohne gleich auf alles Antworten zu haben. Und ihnen doch dabei zu helfen, nach ihrer ganz persönlichen Brücke zu Gott Ausschau zu halten."
Für sein eigenes Leben als Priester hat er sich den Psalmvers 16,11 "Du zeigst mir den Pfad zum Leben, vor deinem Angesicht ist Freude in Fülle" ausgesucht. "Auch wenn hier nur wenige Menschen an Gott glauben und unsere Gemeinden immer kleiner werden, so ist das für mich kein Grund zur Entmutigung", sagt Zülicke. "Ich denke, es ist gut, sich dem Einzelnen zuzuwenden. Und da gibt es genug zu tun!"
Klar, dass der Sohn des Ständigen Diakons und Kirchenmusikdirektors Bernhard Zülicke gern Orgel und Oboe und auch Klavier spielt. Allerdings nerve es ihn schon, dass er häufig auf seinen Vater oder seinen Onkel, der Pfarrer in Staßfurt ist, angesprochen wird. "Dass ich Priester sein will, ist ein Entschluss, den ich mit mir allein ausmachen musste", sagt er.
Sorge bereitet dem jungen Mann "die allgemeine Resignation, die sich über die Gesellschaft, besonders in Sachsen- Anhalt ausgebreitet hat. Ich möchte gerne irgend etwas dagegen tun", sagt Zülicke, der nach eigenem Bekunden jedoch "eher von einer gewissen Gelassenheit geprägt und relativ schnell bereit ist, Schwierigkeiten auch wegzustecken". Worauf er sich freut? Auf die Menschen verschiedener Generationen, für die er als Seelsorger da sein will.
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Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 16.06.2003