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Ökumenischer Kirchentag

Bischofspodium auf dem Ökumenischen Kirchentag

Berlin - "Wir haben so viel, was wir zusammen tun können, dass das Trennende längst in den Hintergrund gerückt ist". Der anhaltische Kirchenpräsident Helge Klassohn und seine beiden Gesprächspartner, die Magdeburger Bischöfe Axel Noack und Leo Nowak, ließen erst gar keinen Zweifel aufkommen, dass sie die Gemeinsamkeiten der Kirchen in den Vordergrund des Bischofspodiums auf dem Ökumenischen Kirchentag stellen wollten. Eingeladen zu dem Gespräch über "Ökumene in einem säkularisierten Land" hatten die drei Kirchen im Land Sachsen-Anhalt gemeinsam: die Evangelische Landeskirche Anhalts, das Bistum Magdeburg und die Kirchenprovinz Sachsen.

Wie notwendig die Zusammenarbeit der beiden Konfessionen im Mutterland der Reformation tatsächlich ist, macht ein Blick auf die Mitgliedszahlen deutlich. Den insgesamt 470 000 evangelischen und 165 000 katholischen Christen stehen mehr als drei Viertel der Bevölkerung gegenüber, die gar keiner Kirche angehören.

Schon deshalb sei es wichtig, mit einer Stimme zu sprechen, betonte der Magdeburger evangelische Bischof Axel Noack. Die Kirchen, ergänzte sein katholischer Amtsbruder Leo Nowak, müssten heute vor allem Mittel und Wege finden, auch Nichtchristen zu erreichen. Dabei seien sie gut beraten, gemeinsam zu überlegen, wie sie den Menschen im Lande die Frage nach Gott aufschließen könnten. "Hier sitzen wir alle in einem Boot", fügte er hinzu.

Schnell waren sich die leitenden Geistlichen auch darin einig, dass sich die ökumenische Zusammenarbeit in Sachsen-Anhalt in den letzten Jahren gut entwickelt habe. Vor allem auf Gemeindeebene gebe es seit längerem zahlreiche und intensive Kontakte, erklärten sie übereinstimmend. Zudem sei Sachsen-Anhalt mit dem ökumenischen Kirchentag 1996 in Eisleben in Sachen Ökumene ohnehin Vorreiter gewesen.

Lediglich in der Frage des konfessionellen Religionsunterrichtes und des gemeinsamen Abendmahls setzten die Gesprächspartner erwartungsgemäß unterschiedliche Akzente. Nachdem eine eucharistische Gastfreundschaft katholischerseits derzeit nicht möglich sei, müsse nun über das unterschiedliche Kirchen- und Amtsverständnis gesprochen werden, mahnte Bischof Noack an

Gleichwohl überwog auch in den strittigen Fragen das Verständnis für die jeweilige Situation des Partners. So machte der anhaltische Kirchenpräsident einerseits deutlich, dass er von der Abendmahls-Enzyklika des Papstes enttäuscht war. Zugleich bekundete er jedoch Verständnis für die Haltung der katholischen Kirche. Nun komme es darauf an, "sich über die Stärken des anderen zu freuen und nicht weiter nach Defiziten zu suchen", so Klassohn weiter. Ganz ähnlich sah das auch sein katholischer Amtskollege Leo Nowak. Das Ziel der Einheit der Kirchen sei ein Prozess. "Deshalb müssen wir aufhören, davon zu reden, dass die Ökumene auf der Stelle tritt", forderte er.

Trotz ihrer weitgehend positiven Bilanz sprachen sich die drei leitenden Geistlichen für eine Intensivierung der Zusammenarbeit aus. Gerade in Schule und Religionsunterricht, unterstrich Bischof Noack, sei noch sehr viel mehr möglich. "Hier", fügte der Dessauer Kirchenpräsident Klassohn hinzu, "ist jedes Versäumnis schmerzvoll." Bischof Leo Nowak "ärgerte" dagegen vor allem, dass die Kirchen zu wenig nach vorn schauen würden. Zwar gebe es bereits jetzt viele gemeinsame Aktivitäten - von regelmäßigen Zusammenkünften der Kirchenleitungen und gemeinsamen Stellungnahmen bis zu ökumenischen Kreuzwegen. Gleichwohl seien die Möglichkeiten damit noch längst nicht ausgeschöpft.

So appellierte der katholische Bischof an die Christen im Land, sich zunächst über die jeweils andere Kirche zu informieren. "Leider", merkte er kritisch an, "betreiben zu viele eine Ökumene aus dem Bauch heraus." Das fand auch unter seinen evangelischen Amtsbrüdern durchaus Zustimmung. "Ökumene", befand am Ende Bischof Axel Noack, "kann nur dann funktionieren, wenn die Gemeindeglieder ihre eigene Kirche kennen - und die andere auch."

Martin Hanusch

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 23 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 16.06.2003

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