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Bistum Erfurt

"... auffzuheben den hinterlistigen deckel"

Thomas Müntzer war Thema einer Veranstaltung des Katholischen Forums

Kein Revolutionär: Thomas Müntzer nach einem Kupferstich um 1600.Bad Frankenhausen - Mit solch einem Andrang hatten die Veranstalter nicht gerechnet. Knapp 100 Zuhörer hatten sich auf den Weg gemacht und waren am 28. März in das kleine Studiokino des Panoramamuseums nach Bad Frankenhausen gekommen. Das Katholische Forum im Land Thüringen und das Panoramamuseum hatten zur nunmehr dritten Veranstaltung in der Reihe des Forums "Biblische Themen in Thüringer Museen" eingeladen. Vielleicht war es der Reiz, sich christlichen Bildthemen in Werner Tübkes Panoramagemälde zu nähern, das, wie es in der DDR hieß, dem deutschen Bauernkrieg und dem revolutionären Wirken Thomas Müntzers gewidmet sein sollte. Vielleicht war es aber auch die gerade mit der Neukonzeption der Gedenkstätte in Mühlhausen wieder aktuell gewordene Frage nach einer Neubewertung der Person Thomas Müntzers, die die Plätze knapp werden ließ.

Professor Josef Pilvousek von der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt widmete sich in einem ersten Vortrag eben dieser Person und speziell dessen Umgang mit der Heiligen Schrift. Da war es zwangsläufig, dass auch sein Verhältnis zum großen Reformator Luther nicht unbeachtet bleiben konnte. Im Gegensatz zu Luther war der fälschlicherweise als Wiedertäufer abgestempelte Müntzer nach den Worten Pilvouseks der Auffassung, dass der Mensch nicht alleine durch das äußere Wort die Erfahrung des Heiligen Geistes machen könne. Die innere Erleuchtung gehe einher mit einer durch Leiden geprägten Glaubenshaltung. Wenngleich ihn mit Luther der Anspruch der Textverständlichkeit und damit die Übersetzung der Bibel in die deutsche Sprache verbindet und er gewillt war "auffzuheben den hinterlistigen deckel, unter welchem das Liecht der welt vorhalten war", so seien Müntzers Übersetzungen der Heiligen Schrift keine wortgetreuen Übersetzungen. Der von Pilvousek geprägte Begriff der "Verdolmetschung" meinte eben dies - eine "sinntransportierende Umformulierung".

Der weitere Lebenslauf des Theologen bis hin zur Niederschlagung des Bauernaufstandes bei Frankenhausen machte die Tragik der Person Müntzers deutlich, der weniger Sozialrevolutionär als vielmehr "Zerstörer der Ungläubigen" sein wollte. Seine Scheidung indes von "Gottlosen und Gotttreuen", die er vor Augen hatte, die Scheidung von Gut und Böse überhaupt, musste scheitern.

Das Publikum reagierte auf den Vortrag des Kirchenhistorikers mit zahlreichen Fragen, die die Kontroverse um die Person Müntzers noch einmal deutlich werden ließen. Gar nicht alle Anfragen konnten dabei beantwortet werden, um der Kunsthistorikerin Anett Krause, der zweiten Referentin des Abends, noch ausreichend Zeit einräumen zu können. Sie widmete sich dem großflächigen Panoramabild Werner Tübkes im Studiokino.

Die Bibel interessiere ihn nicht. So äußerte sich Tübke einmal in einem Interview. Trotzdem finden sich in seinem Werk zahlreiche biblische Motive. Eines davon, das Motiv eines Narren vor dem sich die Hände waschenden Pilatus, griff Annett Krause in ihrem Vortrag heraus. Anhand ikonographischer Vorbilder zeigte sie die Herleitung auf. Die Herauslösung aus dem biblischen Kontext der Passionsgeschichte wurde ebenso deutlich wie die verschiedenen Bedeutungen des Narren in der bildenden Kunst: Dieser kann sowohl die Rolle des Wissenden als auch des Unwissenden einnehmen.

Im Anschluss nutzten viele noch die Möglichkeit, das riesige Panoramabild Tübkes mit einer Gesamtfläche von 1722 Quadratmetern im Ganzen zu betrachten. Hier vor dem Original stellte sich die Referentin dann den Fragen der Gäste, denn ohne Anleitung waren die vielen Bildmotive gar nicht zu entziffern. Am Ende blieb der Zwiespalt Tübkes im Umgang mit biblischen Bildthemen unaufgelöst.

Eva Becher

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 14 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 23.06.2003

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