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Auf zwei Minuten

Gott gibt den Menschen nicht auf

Gott ist uns in Not Geratenen in Gestalt Jesus entgegengekommen

Pater Damian

Es wird erzählt, dass ein König ein festliches Mahl hielt. Er hatte an die königliche Tafel einen Sohn armer Eltern geladen, den er wegen seiner Tüchtigkeit auszeichnen wollte. Dieser, mit den Sitten und Bräuchen am Königshof nicht vertraut, war sehr befangen und geriet bald in große Verlegenheit. Eine kleine silberne Schüssel stand neben seinem Teller. Sie war mit Wasser gefüllt und sollte dazu dienen, dass sich der Gast nach dem Mahl die Fingerspitzen abspülen konnte. Er hielt sie aber für ein Trinkgefäß und trank sie aus.

Die ganze Tafelrunde war starr vor Entsetzen und schaute auf den König. Der aber erkannte die Not des jungen Gastes, nahm seine Schüssel und trank sie ebenfalls aus, als ob das so sein müsste. Was blieb den anderen übrig, als das Gleiche zu tun? Der König war dem in Not Geratenen entgegengekommen und hatte ihm seine Ehre wiedergegeben.

Für mich ist diese Geschichte ein schönes Gleichnis für das, was Gott für uns Menschen in Jesus Christus tut. Gott hat den Menschen als sein Abbild erschaffen und ihn dazu bestimmt, mit ihm in innige Beziehung zu treten. Er hat ihm einen Ehrenplatz an seiner festlichen Tafel zugedacht. Und was tut der Mensch? Er misstraut seinem Schöpfer und meint, er wolle ihm etwas vorenthalten. So wird er im Ungehorsam zum Sünder, der Gott gegenüber misstrauisch ist und seinen eigenen Weg gehen will. Die Sünde schiebt sich als trennende Wand zwischen Gott und ihn. Das Verhältnis zu Gott ist gestört, die Kommunikation unterbrochen.

Aber Gott gibt den Menschen als sein Lieblingsgeschöpf nicht auf. Er tut alles, um die Verbindung wiederherzustellen. Er selbst wird Mensch in Jesus Christus: "Christus Jesus war Gott gleich, hielt aber nicht daran fest, wie Gott zu sein, sondern er entäußerte sich, wurde wie ein Sklave und den Menschen gleich" (Phil 2,6-7). Gott solidarisiert sich mit dem Menschen, mit dem sündigen Menschen, der sich nicht "benehmen" kann!

Paulus drückt das sehr drastisch aus: "Er hat den, der keine Sünde kannte, für uns zur Sünde gemacht, damit wir in ihm Gerechtigkeit Gottes würden" (2 Kor 5,21). Gott hat Christus mit der sündigen Menschheit solidarisch gemacht, um die Menschen solidarisch mit seinem Gehorsam und seiner Gerechtigkeit zu machen. Nach Auskunft des "Duden" hat das Wort "solidarisch" Beziehung zu einem lateinischen Ausdruck, der "für das Ganze verantwortlich sein, als Gesamtschuldner haften" bedeutet. Ja, Gott ist uns in Not Geratenen in Jesus entgegengekommen und hat uns unsere Ehre wiedergegeben. Was bleibt uns, wie den Gästen an der königlichen Tafel, übrig, als uns gegenseitig Ehre zu erweisen?

Pater Damian Meyer

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 14 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 23.06.2003

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