Eine der schönsten Erfahrungen im Leben eines Priesters
Dresdner Dompfarrer Ullmann begleitet erwachsene Taufbewerber
Dresden (mh) -Für Klemens Ullmann gehört es zu den besonders schönen Seiten seines Berufes: Kaum eine Woche vergeht, in der sich nicht Menschen bei ihm melden, die sich wieder oder die sich ganz neu für den Glauben und für die Kirche interessieren. Dass er Pfarrer an der Hofkirche in Dresden ist, kommt ihm dabei sicher zugute, denn eine solche prominente Kirche ist für die Betreffenden häufig eine erste Anlaufstelle.
Seit 1988 -damals war Klemens Ullmann noch nicht Dompfarrer und Dekan in Dresden, sondern Pfarrer in Großenhain -widmet er sich diesen Suchenden ganz besonders. Jährlich bietet er für Interessierte ein Glaubensseminar an. Das jetzige Seminar begann im September und wird bis Juni dauern. Alle zwei Wochen treffen sich die 18 Teilnehmer -eine bunte Truppe: Mancher will seinen Glauben auffrischen, andere sind im letzten Jahr getauft worden und wollen noch etwas mehr erfahren. Konvertiten sind dabei und Interessierte, die mit ihrem getauften Partner teilnehmen. Zwei Teilnehmer haben die Absicht, sich taufen zu lassen.
Diese bunte Mischung macht das Unternehmen Glaubensseminar nicht einfach, gesteht Pfarrer Ullmann. "Manche bringen schon eine ganze Menge Vorwissen mit. Andere fangen beim Punkt Null an. Und jeder hat sein Gesicht und seine Geschichte."
Den Teilnehmern will Ullmann während des Seminars einen Grundriss des Glaubens vermitteln. Dabei geht es nicht nur um Wissensaneignung, sondern um das Glaubensleben. Dazu gehört die Ermutigung und Ermunterung, am Gemeindeleben teilzunehmen. Denn eine zentrale Frage heißt für Ullmann: "Wie bringe ich die Leute in die Gemeinden?" Und das Rezept lautet: "Die Gemeindemitglieder müssen auf die Neuen zugehen, ihnen zeigen, dass sie angenommen und aufgenommen sind." Das sei sehr wichtig, weil die Gemeinschaftserfahrung für viele ein tragendes Element auf dem Weg zum Glauben und in die Kirche darstellt. Besonders in einer Großstadt ist das schwierig. Schnell drohe hier der Rückfall in die Anonymität: "Wenn nach der Taufe der Alltag wieder kommt, wie gehts dann weiter?"
Von den Gemeindemitgliedern wünscht Ullmann sich noch mehr Engagement, beispielsweise wenn es um die Übernahme eines Patenamtes geht. "Pate eines erwachsenen Taufbewerbers zu werden, das heißt wirklich Wegbegleiter zu sein." Die Schwierigkeit dabei ist das Gespräch über den eigenen Glauben. "Viele sind das nicht gewohnt, aber gerade dieses Zeugnis ist notwendig." Solche Gespräche können zu einer Bereicherung werden, weiß Ullmann aus Erfahrung. Für ihn sind sie es jedenfalls, wenn er jedes Jahr neu in den Glaubensseminaren seinen eigenen Glauben formulieren muss. Eine Bereicherung sind aber auch die Glaubenszeugnisse der Teilnehmer. "Da gibt es ganz erstaunliche und ganz wertvolle Geschichten."
Auslöser sind oft persönliche Begegnungen
Was bewegt Menschen, die bisher nichts mit Kirche zu tun hatten, sich auf diesen Weg zu machen? "Am allerhäufigsten ist es die Begegnung mit jemandem, der den Glauben lebt -sei es in einer Freundschaft oder in einer Partnerschaft", sagt Ullmann. Manchmal gibt es aber auch ganz andere Auslöser: die Beschäftigung mit der Literatur beispielsweise oder eine Reise nach Israel. Ullmann erzählt auch von einer Sekretärin, die für ihren katholischen Chef Reden schreiben musste. "Häufig gibt es ein jahrelanges Suchen und dann einen ganz bestimmten Moment, wo dem Betreffenden klar wird, ja, da ist etwas, da steckt mehr dahinter."
Wenn dann der Weg zur Taufe beginnt, kommen natürlich auch die schwierigen Fragen: Problematisch seien nicht die Dinge, die häufig für die negativen Schlagzeilen über die Kirche sorgen. "Schwierig ist der Umgang mit Schuld und die Frage nach der Geboten." Eine besondere Frage ist die nach der Ehemoral. Auch mancher Taufbewerber lebt heute unverheiratet in einer Partnerschaft. "Das ist nicht anders zu erwarten, wir können davor nicht die Augen verschließen." Ullmann macht davon in der Regel Taufe oder Konversion nicht abhängig. In einem persönlichen Gespräch macht er aber die katholische Auffassung zur Ehe deutlich.
Der Wegfall des in der DDR verordneten Atheimus hat nach den Erfahrungen von Pfarrer Ullmann nicht dazu geführt, dass sich heute mehr Leute als Erwachsene taufen lassen wollen. "Im Vergleich zur DDR-Zeit kann ich keine Veränderung feststellen. Es kommen genauso viel Leute wie damals." Ihm wäre das Gegenteil sogar verdächtig. Auch dass sich in Zukunft daran etwas ändert, glaubt er nicht. Selbst das Engagement der Kirche während und nach der Flutkatastrophe habe zwar zu einer Imageverbesserung geführt, aber nicht dazu, dass die Leute sich jetzt massenweise taufen lassen wollen. Die Zahlen werden klein bleiben, aber dass es diese Leute überhaupt gibt, gehört zu den schönsten Dingen für Pfarrer Ullmann.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Dienstag, 24.06.2003