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Aus der Region

"Laien brauchen Vetorecht gegen Kardinal"

Katholischer Banker Wolfgang Klose über die Finanzsituation im Erzbistum Berlin

Frage: Sie sind Vorsitzender des Berliner Bundes Katholischer Unternehmer und Filialleiter der Pax-Bank in Berlin. Warum sind sie jetzt als Mitglied des Kirchensteuerbeirats des Erzbistums zurückgetreten?

Klose: Das Erzbistum geht mit dem verabschiedeten Sanierungsplan den richtigen Weg, um aus dem wirtschaftlichen Dilemma heraus zu kommen. Gleichzeitig gehört für mich aber dazu, dass die Gremien auch personell neu aufgestellt werden. Der Diözesanvermögensverwaltungsrat ist bereits zurückgetreten. Auch ich wollte ein Zeichen des Neuanfangs setzen, nicht weil ich kneife, sondern zu meiner Verantwortung an den Problemen stehe.

Frage: Was haben Sie falsch gemacht?

Klose: "Falsch ist falsch", ich sehe eine Mitverantwortung, nicht direkt eine Schuld. Wir im Kirchensteuerbeirat haben die Haushalte genehmigt, das ist richtig. Aber wir hatten zu wenig Einblick und zu wenig Entscheidungskompetenz. Viele Dinge sind anderswo beschlossen worden, wir konnten nichts mehr dagegen machen. Beispielsweise die Einrichtung des zweiten Priesterseminars. Wir wussten, dass wir uns das nicht leisten können. Seit mehreren Jahren haben wir mehr Transparenz gefordert, auch konkrete Sparmaßnahmen. Aber es ist nichts passiert.

Frage: Was muss sich ändern?

Klose: Wir brauchen als nächsten Schritt dringend eine Reform der Strukturen. Zukünftig darf es nur noch ein Laiengremium geben, das verantwortlich über die Finanzen entscheidet und das auch ein Vetorecht gegenüber dem Kardinal hat. Daneben brauchen wir ein junges, schlagfertiges und innovatives Domkapitel, das völlig neu aufgestellt werden muss. Auf der einen Seite muss die pastorale Notwenigkeit entschieden werden, auf der anderen Seite die Finanzierbarkeit. Da darf es keine Vermischung mehr geben.

Frage: Wie geht die Umsetzung des Sanierungsplans, der harte Einschnitte für die Gemeinden bedeutet, voran?

Klose: Ich war in den letzten Tagen in den Gemeinden unterwegs. Die Stimmung vor Ort ist sehr unterschiedlich. Ich war in Pankow, wo die Meinung vorherrscht, das Ordinariat hat die Schulden gemacht und die Katholiken vor Ort müssen es ausbaden. Gestern war ich in Charlottenburg, wo viele potente Kirchensteuerzahler wohnen. Dort gibt es ein Bewusstsein, dass wir jetzt tatsächlich etwas ändern müssen. Einige haben aber die Not noch gar nicht erkannt. Die können noch nicht fassen, dass sie sich zukünftig keinen Organisten mehr leisten können, der täglich spielt.

Frage: Das Ausmaß der Misere drängt zu der Frage: Kann Kirche mit Geld umgehen?

Klose: Kirche braucht ja auch gar nicht mit Geld umgehen können, denn Kirche hat erst mal eine ganz andere Aufgabe. Die kirchliche Verwaltung aber hat in den letzten Jahren, in Berlin aber auch in anderen Bistümern, zu wenig Fachkompetenz von außen herangeholt, sowohl in den Ordinariaten als auch in den Gremien. Und sie hat auf warnende Hinweise nicht gehört. Ich erwarte nicht von einem Priester, dass er kompetent die Finanzverwaltung machen kann. Ich erwarte, dass er sich gute Leute holt, die davon Ahnung haben, und dass er dann auch auf sie hört. Der neue Generalvikar Peter Wehr in Berlin ist dafür ein gutes Beispiel.

Frage: Sie waren auch verantwortlich für die Finanzen des Ökumenischen Kirchentags. Sind da auch Schulden gemacht worden?

Klose: Der Ökumenische Kirchentag war die erste kirchliche Veranstaltung in Berlin in den letzen Jahren, die keine Schulden gemacht hat, sondern sogar vielleicht einen leichten Überschuss erwirtschaften konnte. Wir werden teilweise öffentliche Zuschüsse wieder zurückzahlen.

Frage: Wie kam es dazu?

Klose: Zum einen eine wirtschaftlich genaue Einnahmen-Ausgaben-Rechnung und die weitaus höheren Teilnehmerzahlen haben zu mehr Einnahmen geführt als erwartet.

Frage: Die hohen Teilnehmergebühren haben jetzt den Überschuss gebracht?

Klose: Nein, nicht Teilnehmergebühren, sondern Teilnehmerzahlen! Wir haben lange über die Preise diskutiert und schließlich einen Schwerpunkt auf Familien gelegt. Die Kritik kam vor allem bei den Tageskarten von 23 Euro. Wenn ich mir aber anschaue, dass ein Zwei-Stunden-Konzert von DJ Bobo, in dem ich mit meinen Sohn war, schon 24 Euro kostet, sind die Preise beim Kirchentag mit 18 Stunden Programm am Tag in Ordnung.

Frage: Zum Schluss eine persönliche Frage: Legen Sie noch Geld in den Klingelbeutel?

Klose: Kommt drauf an, wofür gesammelt wird. Aber im Ernst: Ich tue schon noch etwas rein, oder besser gesagt, meine Kinder tun es. Das ist für mich selbstverständlicher Teil des Gottesdienstes. Aber die Kollekten können nicht die ausschließlichen Einnahmequellen für das Erzbistum sein, dort soll Geld für die Weltkirche oder für die eigene Gemeinde gesammelt werden.

Interview: Volker Resing

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 26 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 26.06.2003

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