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Aus der Region

Afghanistan: "Friede im Namen Gottes"

Eindrücke einer Reise

Nach dem 11. September 2001 fielen Bomben in Afghanistan gegen die Al Qaidas und die Talibans gerichtet. Am 20. März 2002, einen Tag nach dem Kriegsbeginn gegen den Irak, starteten wir -Pfarrer Klaus Schreiter aus Gera und Franz Pitzal -von Pakistan nach Kabul in Afghanistan. An diesem Tag wollten kaum Menschen dorthin ihre Reise beginnen. So waren wir fast die einzigen Passagiere im Flugzeug.

Der nächste Tag war Freitag und islamisches Neujahrsfest. Alle Ausländer hatten Ausgehverbot aus Angst vor Übergriffen. Wir waren an diesem Tag bei den einzigen drei Ordensschwestern in Afghanistan. Die Älteste ist schon 37 Jahre im Land. Sie alle kennen Land und Leute sehr gut und sind in der Eineinhalb-Millionen-Stadt recht gut bekannt. Mit ihnen besuchten wir die drei Brüder der Christusträgerbruderschaft, die derzeit in der ehemaligen DDR-Botschaft wohnen und die Krankenhäuser der Ärztin Ruth Pfau seit 20 Jahren weiterführen. Wir wurden mit dem Auto abgeholt und brauchten keine Angst vor Übergriffen zu haben, denn wir waren in guter Obhut.

Um einen Überblick zu bekommen, konnten wir mit einem Jeep eines Hilfsdienstes die Stadt und Umgebung besichtigen. Derartiges habe ich bisher nur im Fernsehen und in Filmen gesehen. Ganze Stadteile waren ein Trümmerfeld. Dazwischen lebten Menschen, soweit es ihnen möglich war, die Ruinen abzudichten. Wasser mussten sie von Tankwagen holen. Der Aufbau geht schleppend voran, weil überall noch Minen liegen, manchmal metertief verborgen, was den Einsatz von Großtechnik unmöglich macht. Die Menschen machen einen friedlichen, aber resignierten Eindruck. Nach 20 Jahre Krieg und Terror sind sie erschöpft. Viele glauben nicht mehr an eine friedliche Zukunft, sind aber froh, dass besonders die Isaf-Truppen den Frieden garantieren. Derzeit sind 200 nichtstaatliche ausländische Hilfsdienste tätig und 1100 afghanische Hilfsdienste. Nach spätestens drei Jahren soll die ausländische Hilfe im Wesentlichen abgeschlossen sein. Wird bis dahin die Wende geschafft sein?

Mit Hilfe von Caritas International haben wir ein einheimisches Ärzte- und Pflegerteam gefunden, das Menschen hilft, die von Minen verletzt sind. Sie sollen lernen mit Prothesen wieder zu arbeiten und zu leben. Die meisten Minenopfer sind Kinder. Täglich kommen bis zu 20 Opfer hinzu. Im Land sind etwa zehn Millionen Minen vergraben. Um die Kinder kümmert sich bisher kaum jemand, weil die Behandlung langwieriger und teurer ist. Die Kinder bleiben so in ihren Hütten und haben keine Chance je eine Schule zu besuchen. Wir hoffen, dass es uns mit Hilfe von Caritas International und dem einheimischen Team gelingt, diese Hilfe für Kinder, die Minenopfer geworden sind, aufzubauen. Den Anfang haben wir mit einer Geldspende gemacht.

Zehn Jahre haben die Russen das Land besetzt und ausgebeutet, anschließend haben verschiedene einheimische Mujahedin und Taliban, durch ausländische Interessenträger unterstützt, das Land verwüstet und terrorisiert. Weit mehr unschuldige Menschen als beim Anschlag auf New York sind bei den amerikanischen Vergeltungsschlägen in Afghanistan gestorben. Es waren 20 Jahre Krieg im Namen von Großmachts- und Wirtschaftsinteressen. Beginnt jetzt der Friede im Namen Gottes?

Klaus Schreiter

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 24 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Dienstag, 01.07.2003

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