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Aus der Region

Ökumene als Markenzeichen

In Magdeburg machen die Kirchen gleich viermal Schule

Magdeburg -"Im Grunde" sagt Wilhelm Bischoff, "ist das Ökumenische Domgymnasium noch ein Kind der untergegangenen DDR." Schon zu Zeiten des staatlichen Schulmonopols habe es in Magdeburg einen Kreis engagierter Eltern gegeben, die nach Alternativen zur Einheitsbildung suchten. "Damals", erinnert sich der Mitbegründer des Domgymnasiums, "mussten wir uns unter fast konspirativen Umständen treffen." Und schon damals sei es eine ökumenische Initiative von evangelischen und katholischen Christen gewesen.

Doch erst mit der Wende sind die Kirchen und Basisgruppen in die Lage versetzt worden, überhaupt an die Gründung von eigenen Schulen zu denken. "Allen Bestrebungen gemeinsam war der Wunsch nach Bildungseinrichtungen, in denen das christliche Menschenbild Grundlage sein sollte", sagt Bischoff. Ähnlich sieht das auch der im bischöflichen Ordinariat in Magdeburg für Schulfragen zuständige Hauptabteilungsleiter Dietmar Gotzhein: "Hier gab es einen immensen Nachholbedarf."

Kirche macht Schule -"um der Menschen willen"

Das Bistum und der Freundeskreis haben sich in jenen Aufbruchjahren jedenfalls nicht lange bitten lassen. So sind allein in Magdeburg 1991 das katholische Norbertus- und das Ökumenische Domgymnasium gegründet worden. "Um der Menschen willen", wie Gotzhein betont. Seit 1999 gibt es zudem die katholische Grundschule St. Mechthild. Jüngstes Kind in dieser Reihe ist die im vergangenen Jahr von einer Elterninitiative ins Leben gerufene evangelische Grundschule, die mit elf Schülern noch ganz am Anfang steht.

Inzwischen haben sich die Schulen in kirchlicher Trägerschaft längst etabliert und sind aus der Magdeburger Schullandschaft nicht mehr wegzudenken. Derzeit nutzen mehr als 1800 Kinder im Alter von sechs bis 19 Jahren die vier Bildungsangebote der Kirchen -und noch immer gibt es weitaus mehr Anmeldungen als freie Plätze. Das liegt nicht zuletzt an ihrer Offenheit, denn nicht nur evangelische und katholische Kinder kommen in die Schulen, sondern auch solche, die zu keiner Kirche gehören. Von den 932 Schülern am Norbertusgymnasium etwa stellen die Kinder konfessionsloser Eltern die größte Gruppe.

Ähnlich sieht es am Ökumenischen Domgymnasium aus. Hier sollen die Kinder und Jugendlichen nach dem Willen der Gründer nicht nur in "einem Klima einer verantwortlich gelebten Freiheit" lernen, sondern auch von Anfang an die ökumenische Gemeinschaft erleben. Der Name ist dabei Programm. Nicht nur im ökumenisch besetzten Kuratorium findet das seinen Niederschlag. Auch im Schulalltag spiegelt sich das wider -im "Raum der Stille" oder bei den Schulgottesdiensten. Sichtbarstes Zeichen ist jedoch der ökumenisch integrierte Religionsunterricht, der keine Trennung der Lerngruppen nach Konfessionen kennt. "Hier sollen die Betroffenen nicht übereinander sprechen", sagt Wilhelm Bischoff, "sondern miteinander."

Trotz der Erfolgsgeschichte sehen die kirchlichen Bildungsexperten durchaus noch Entwicklungspotenzial. "Wir", ist der frühere Oberkonsistorialrat Bischoff überzeugt; "sind weiter auf Innovation angewiesen, sonst ersticken wir irgendwann in Tradition." Dies gehe jedoch in der Ökumene nicht ohne Gespräch und gemeinsame Suche nach Offenheit. Sein katholischer Kollege Gotzhein sieht vor allem einen Nachholbedarf im Sekundarbereich. Zwar sei Magdeburg die Stadt in Sachsen- Anhalt, die über die meisten Schulen in kirchlicher Trägerschaft verfügt. Doch woran es nach seiner Ansicht mangelt, ist eine entsprechende Sekundarschule. "Doch dafür", bedauert er, "fehlt letztlich das Geld."

Martin Hanusch,
Chefredakteur der evangelischen Wochenzeitung "Die Kirche"

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 21 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Dienstag, 01.07.2003

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