Wohin steuert Afrika ?
Krieg und Gewalt auf dem Schwarzen Kontinent -Hilferuf aus dem Kongo
Bunia/Kongo - Mit einem dramatischen Hilfsappell hat sich der Erzbischof von Kinshasa an die Weltgemeinschaft gewandt. Die Lage der Flüchtlinge im Osten des Kongo sei so schlecht, dass sie auch Menschenfleisch verzehrten, so Kardinal Frederic Etsou. Tausende von Flüchtlingen seien in die Umgebung der Stadt Bunia geflohen, wo französische Soldaten als Kern einer internationalen Eingreiftruppe für Frieden sorgen sollen. Da die Region jedoch von den verschiedenen Rebellengruppen eingeschlossen sei, fehle es an Nahrungsmitteln, Medikamenten und jeglicher materieller Hilfe.
Fast zeitgleich mit diesem Appell ist inzwischen der erste von drei Hilfsgüterflügen, die der deutsche Caritasverband mit Unterstützung des Auswärtigen Amtes finanziert hat, in Bunia eingetroffen. Eine notwendige und sehr willkommene Hilfe - doch nicht ausreichend, die derzeit größte humanitäre Krise in der Welt zu überwinden. Fast unbemerkt von den internationalen Medien, sind seit dem Kriegsausbruch 1998 an direkten und indirekten Kriegsfolgen mehr als drei Millionen Menschen umgekommen. Ein Ende der Kämpfe ist nicht in Sicht.
Ähnlich dramatische Meldungen liegen aus anderen afrikanischen Ländern vor. Von schrecklichen Gewaltexzessen berichtet die ugandische katholische Kirche. In Angola schweigen nach drei Jahrzehnten andauerndem Bürgerkrieg die Waffen - aber jetzt droht eine Hungerkatastrophe. Allein in Luena in der Provinz Moxico befinden sich mehr als 80 000 Flüchtlinge. Weite Gebiete Afrikas scheinen in Krieg und Bürgerkrieg unterzugehen.
Die Ursachen für diese Gewaltexzesse sind vielfältig. Am Beispiel Kongo erläutert Christoph Klitsch-Ott im Gespräch mit dieser Zeitung die Hintergründe: "Ethnische Konflikte spielen eher eine untergeordnete Rolle", weiß der Referent für Zentralafrika bei Caritas international. "Ugandische und ruanidische Truppen sind seit 1998 zur Unterstützung rivalisierender Rebellengruppen einmarschiert." Es gehe dabei um die Absicherung der illegalen Ausbeutung von Bodenschätzen des Kongo, wo große Diamanten- und Goldvorkommen liegen. Man vermutet auch große Erdölfelder. "Es kommt hinzu, dass ausländische Mächte, insbesondere Frankreich, Belgien und zum Teil auch die USA wirtschaftliche und geostrategische Interessen in diesem Gebiet haben. Das sind die tieferen Ursachen, um die es dort in diesem Konflikt eigentlich geht", so Klitsch-Ott. Einer militärischen Intervention zur Befriedung der Region steht er skeptisch gegenüber. "Es müssten Zehntausende von Soldaten eingesetzt werden, die einen wirklichen Friedenserzwingungs-Auftrag haben müssten. Ich wüsste nicht, wer solche Kontingente zur Verfügung stellen sollte." Klitsch-Ott setzt mehr auf politischen Druck. Entwicklungshilfe abhängig zu machen von deutlichem Engagement für Frieden könnte dazu beitragen, diesen Konflikt - wenn schon nicht zu beenden, so doch wenigstens in seinen Auswirkungen zu begrenzen.
Michael Dorndorf
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Dienstag, 22.07.2003