"Ein tolles Gemeinschaftswerk vieler"
Altbischof Bernhard Huhn über das Abschreiben der Heiligen Schrift im Jahr der Bibel
Görlitz -Nicht mehr lange, dann wird die große Görlitzer Bistumsbibel als fertig gebundenes Buch zu bewundern sein. Viele Gemeindemitglieder und Geistliche haben sich am Schreibmarathon beteiligt. Unter ihnen auch Altbischof Bernhard Huhn. Er schrieb aus dem ersten Johannesbrief das fünfte Kapitel ab.
Dem TAG DES HERRN beantwortete er einige Fragen zu der Aktion:
Frage: Herr Bischof, auch Sie haben einen Teil der Heiligen Schrift für die Bistumsbibel abgeschrieben. Wie kam es dazu?
Bischof Huhn:: Als ich zum ersten Mal von der Aktion "Bibel abschreiben" in unserer Diözese hörte, kam mir spontan der Gedanke: Sehr gute Idee! Da müsstest du mitmachen! Freilich kamen auch Bedenken: Ich befasse mich ja täglich mit der Heiligen Schrift, schon von Berufs wegen: Brevier ("Stundengebete") beten, Predigten vorbereiten. Dann habe ich vor einigen Jahrzehnten einmal im Studium an den Bibelwissenschaften genippt. Wozu also abschreiben? Bald aber schob ich diese "Versuchungen" beiseite. Es siegte die Freude, dass hier im Jahr der Bibel eine gute Idee geboren war.
Frage: Warum genau ist die Aktion Ihrer Meinung nach eine gute Idee?
Bischof Huhn:: Es gibt vielerlei Erinnerungszeiten, die uns auf ein wichtiges Anliegen aufmerksam machen wollen: "Jahr des Kindes", "Tag des Eisenbahners", "Tag der Gesundheit", ja sogar "Heiliges Jahr" mit entsprechenden Aufrufen und Aktionen. Fragt sich nur, ob die Mahnungen unser Herz erreichen? "Jahr der Bibel"? Ich glaube, dass mit der Aktion "Bibel abschreiben" in vielen Gemeinden und für viele Menschen genau das fruchtbar werden kann, was das Jahr der Bibel für unsere ganze Kirche anstrebt: Platz zu nehmen am Tisch des Wortes. Das gute Echo dieser Aktion in den Gemeinden hat gezeigt, dass in heutiger Zeit viele Menschen Hunger haben nach der Wahrheit, nach der kostbaren frohen Botschaft der Heiligen Schrift.
Frage: Haben Sie sich während des Abschreibens anders mit dem Bibeltext befasst, als wenn Sie ihn nur gelesen hätten?
Bischof Huhn:: Schreiben kostet Zeit und Mühe. Ich bewundere die Mönche, die im Mittelalter, in der Zeit vor Erfindung der Buchdruckerei, kunstvoll und oft ihr Leben lang an der Abschrift der Heiligen Schrift arbeiteten. Das Briefeschreiben etwa ist heute weithin aus der Mode gekommen. Man greift zum Handy und schwatzt munter drauf los. Alles bleibt unverbindlich, vorläufig, widerrufbar. Wenn ich einen Brief schreibe, muss ich überlegen, Pausen machen, nachdenken. Dann gebe ich meine Mitteilung unwiderruflich aus der Hand. Das Abschreiben der Bibel und die damit verbundene Mühe haben mich angeregt, manchmal Halt zu machen, nachzudenken. Die heiligen Worte rauschen nicht nur über mich hinweg, sie bleiben bei mir, dringen vielleicht in mein Herz. Es lohnt sich, einmal darüber nachzudenken.
Frage: Nun ist die Aktion vorbei. Hat sie Ihrer Meinung nach gebracht, was erwartet wurde?
Bischof Huhn:: Die Aktion wird für jeden, der die Mühe des Schreibens auf sich genommen hat, ganz gewiss ein Anstoß gewesen sein, öfter als bisher die Heilige Schrift zur Hand zu nehmen. Vielleicht ist ein dauernder Standortwechsel der Bibel ratsam: Nämlich vom Bücherschrank auf den Nachttisch. Was mir noch ganz besonders an der Aktion gefallen hat: Sie ist ein gemeinsames Werk vieler. Was viele Einzelne beigesteuert haben wird zusammengefügt und gebunden in einem dicken Buch. Wir werden uns daran freuen können. So, wie einst ein Gemeinschaftswerk entstand, als der Schutzmantel Unserer Lieben Frau in unserer Wallfahrtskirche in Neuzelle durch viele Gemeinden wanderte, damit dort fleißige Hände die Kirche oder den Kirchturm als Signum der Gemeinde aufstickten. Genau so möge auch die durch die Handschrift vieler gezeichnete Bibel ein aussagekräftiges Symbol für das sein, was uns als Kirche zusammenfügt, trägt und bindet.
Fragen: Michaela Mürmann
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Samstag, 26.07.2003