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Aus Wolken werden Spiegeleier

Alzheimer und Kunst: Eine Ausstellung im Bischof Benno-Haus Schmochtitz

Schmochtitz -Erst wird man vergesslich, dann orientierungslos. Schließlich wird es Nacht, das Gehirn löst sich selbst auf. Sie ist einer der gefürchteten Demenzerkrankungen: Die Alzheimerkrankheit. Die Ursachen dafür liegen noch weitgehend im Dunkeln. Ist die Diagnose erst einmal gestellt, beginnt für Betroffene und Angehörige meist ein langer Leidensweg. Ohne fremde Hilfe kann der Patient nichts mehr tun.

Unter dem Titel "Alzheimer und Kunst" sind im Bischof- Benno-Haus in Schmochtitz bei Bautzen noch bis zum 15. August die Arbeiten eines Mannes zu sehen, der an Alzheimer erkrankt ist, seine Leidenschaft, das Malen und Zeichnen, aber auch während seiner Krankheit, nicht aufgegeben hat. So lässt sich der Verlauf seines Leidens verfolgen, medizinisch wohl kaum verwertbar, aber der Betrachter nimmt betroffen Anteil am Schicksal eines Menschen, der im Begriff ist, die Welt zu verlassen.

Die Rede ist von Carolus Horn (1921 bis 1992), einem der erfolgreichsten Werbegrafiker der Republik. Berühmte Kampagnen wie "Alle reden vom Wetter, wir nicht, Esso" oder "Es gibt viel zu tun, packen wir's an, Opel" stammen aus seiner Feder. Nebenbei entstehen Landschaftsdarstellungen, Städteansichten sowie Reiseeindrücke -eines seiner beliebtesten Motive ist die Rialto-Brücke in Venedig. Dann bricht die Krankheit 1984 aus, Horns Schaffenskraft bleibt aber ungebrochen, bis kurz vor seinem Tod arbeitete er an seinen Bildern, die eine neue Ausdruckskraft gewinnen.

Wenn man die Alzheimerkrankheit in die umstrittene Reihe von Gemütserkrankungen einordnen will, ist das Konzept der Ausstellung sicher nicht neu. Psychisch Kranke haben vor allem in den 20er und 30er Jahren der Kunst neue Impulse gegeben: Maler wie Max Ernst, Paul Klee und Salvatore Dali haben sich intensiv mit der Kunst von Geisteskranken auseinandergesetzt.

Neu ist, dass hier erstmals die künstlerische Entwicklung eines Kranken gezeigt wird, dessen Kräfte und räumliche Bezüge verschwinden und der nicht mehr in der Lage ist, sich selbst zu thematisieren.

Zur Eröffnung der ersten Ausstellung am 6. Mai 1999 schilderte die Witwe des Künstlers, Tilde Horn, welche Bedeutung das Malen in den verschiedensten Phasen der Krankheit für ihren Mann hatte. "Malen und Zeichnen und die Kunstwerke anderer waren sein Lebensinhalt, von Kindesbeinen bis zum Tod. Die künstlerische Betätigung war für meinen Mann eine Selbstverständlichkeit, er hat nie etwas anderes gemacht und wollte nie etwas anderes machen." Horn steckte so in seiner Kunst, dass auch die Merkmale seiner Krankheit seinen Willen, künstlerisch zu wirken, nicht veränderten, wenn sich auch das Ergebnis veränderte. Tilde Horn: "Trotz Kummer und Sorgen gab es viele glückliche Stunden. Seine Kunst hat dazu beigetragen, dass sein Leben abwechslungsreicher wurde. Mit Freude erlebe ich, dass die Nachwelt der Kunst meines Mannes und der Kunst und Kunsttherapie bei Alzheimerkranken immer mehr Bedeutung beimisst."

Andreas Schuppert

Die Ausstellung ist noch bis zum
15. August im Bischof-Benno-Haus,
Schmochtitz Nr. 1,
02625 Bautzen,
Tel. (03 59 35) 2 20,
zu sehen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 31 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 03.08.2003

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