"Das hast du gut gemacht, Mutti"
50 Jahre Gehörlosenseelsorge im Dekanat Gera
Gera -"Mit den normalen Gemeindegottesdiensten haben Gehörlose vielfach Probleme, sie fühlen sich ausgegrenzt. Gehörlose haben Angst vor Missverständnissen und Situationen, mit denen sie einfach nicht zurecht kommen", betont Stefan Posselt aus Hermsdorf, der im Auftrag des Caritasverbandes für Ostthüringen Begegnungstage für Gehörlose organisiert. Einige Stunden, die für die Gehörlosen von großer Bedeutung sind, fühlen sie sich doch so verstanden und angenommen. Der jüngste Begegnungstag war am 12. Juli, der nächste ist für den 20. September vorgesehen. Die inhaltliche Gestaltung des Tages liegt zumeist in den Händen eines Geistlichen. In Gera ist Pfarrer Arnold Heinz Pyka aus Dresden für die Gehörlosen da. Kürzlich wurde er im Urlaub von Kaplan Dietrich Oettler aus Meißen vertreten. Während seines Studiums eignete sich Oettler die Gebärdensprache und die Formen der Seelsorge an gehörlosen Mitmenschen an. Heute begleitet er die Leipziger Gruppe, die sich monatlich trifft. Wichtig ist bei dieser Arbeit auch die Kommunikation über Bilder. Dietrich Oettler lud deshalb die Teilnehmer ein, sich mittels Darstellungen von Käthe Kollwitz und von Kindern an das Thema Tod und Auferstehung anzunähern. Eine thematische Arbeit dieser Art kann bis zu zwei Stunden dauern und steht immer am Beginn eines Begegnungstages. Angesprochen werden sowohl religiöse Themen wie auch aktuelle weltliche Dinge, die die Teilnehmenden bewegen. Nach einer zwanglosen Runde und dem Mittagessen fand der Tag seinen Höhepunkt in einer gemeinsamen Eucharistiefeier in der Pfarrkirche. Die Gehörlosen gestalteten den Gottesdienst aktiv mit, so beispielsweise bei der Lesung und den Fürbitten. Lob kam dabei von einer hörenden Tochter: "Das hast du gut gemacht, Mutti!" Die heilige Messe ist zudem eine Gelegenheit, persönliche Feste wie Taufe, Hochzeit, silberne Hochzeit und andere gemeinsam mit den anderen Gehörlosen zu feiern.
Die soziale Arbeit und Seelsorgeangebote für Gehörlose gibt es im Dekanat Gera seit nunmehr 50 Jahren und ist ein fester Bestandteil des katholischen Kirchenlebens in der Region in und um Gera. Im Jahr 1953 wurde für die Caritasarbeit im Dekanat Gera ein hauptamtlicher Sozialarbeiter angestellt. Dieser hatte es sich zur Aufgabe gemacht, die katholischen Gehörlosen im ostthüringischen Dekanat des Bistums Dresden-Meißen zu sammeln und für sie Veranstaltungen zu organisieren. So finden seitdem in Gera regelmäßig Begegnungstage statt. Diese Tage wurden und werden von den gehörlosen Mitmenschen sehr gut angenommen. Während des gesamten Tages wird den Gehörlosen immer wieder Zeit zur gemeinsamen Kommunikation gegeben, was für sie neben der inhaltlichen Gestaltung und der heiligen Messe immer sehr wichtig ist.
Folgende Priester haben die Gehörlosengemeinde seelsorgerisch begleitet. Pfarrer Wilhelm Erben aus Leipzig war der erste Seelsorger, mit ihm begannen die Gehörlosengottesdienste. Im Jahr 1966 kam Pfarrer Alfred Bock -der heutige Gehörlosenseelsorger des Bistums Dresden-Meißen -als Kaplan nach Gera. Er hat die Gehörlosengemeinde mit viel Schwung übernommen. Pfarrer Arnold Heinz Pyka kam schon als Theologiestudent zu den Gehörlosen nach Gera. Er engagiert sich hier seit Mitte der 70er Jahre aktiv und betreut die Gehörlosengemeinde bis heute.
Gertrud Krzeminecki / Holger Jakobi
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 11.08.2003