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Zeugnis wettinischer Frömmigkeit

125 Jahre Kapelle "Maria am Wege" in Dresden-Hosterwitz

Blick in das Innere: Der Gottesdienstraum wird beherrscht vom Altarbild der Dresdner Malerin Anna Maria Freiin von Oer. Die Ausmalung erinnert an das Zelt, in dem das Volk Israel einst die Bundeslade verwahrte.

Dresden -Am Abend des 15. August, an dem die Kirche Mariens Aufnahme in den Himmel feiert, wird Bischof Joachim Reinelt in der Kapelle "Maria am Wege", die zur Pfarrvikarie Pillnitz gehört, eine Messe feiern. Die Gemeinde wird um das winzige Gotteshaus herum gleichsam einen Kranz bilden. Denn der Platz im Inneren ist sehr beschränkt. Vor 125 Jahren wurde die ehemals wettinische Privatkapelle erbaut.

Lage und Landschaft des am Fluss und dem zurücktretendem Elbhang gelegenen Dorfes Hosterwitz hatten nicht nur Künstler aus der nahen Residenzstadt, sondern auch den Vorgänger des letzten sächsischen Königs, Prinz Georg von Sachsen (1832 -1904), begeistert. Er, der nach dem Tode König Alberts (1902) für zwei Jahre das Land regierte, hatte bereits 1864 ein Grundstück an der heutigen Dresdner Straße erworben. Nach dem Bau des Landhauses konnte er dort mit seiner Familie die Sommermonate im Grünen und in der Nähe des Hofes von Pillnitz verleben. Anfangs besuchte die katholische Familie die Gottesdienste in der Pillnitzer Schlosskapelle, aber schon 1877 ließ Georg neben der Sommervilla und den Wirtschaftsgebäuden die Kapelle "Mariä Himmelfahrt" errichten, die bald schon, sicher in Analogie zu "Maria am Wasser", der markanten evangelischen Kirche, "Maria am Wege" genannt wurde.

Am 15. August 1878 wurde der kleine neogotische Backsteinbau festlich geweiht. Für das Patronat der Himmelskönigin und die Wahl des Weihetages hatte sowohl die Marienfrömmigkeit der Bauherrenfamilie eine Rolle gespielt als auch der Namenstag der Gemahlin Prinz Georgs, Prinzessin Maria Anna. Das neue Gotteshaus diente in erster Linie als Kapelle für die prinzliche Familie und ihre Bediensteten. Aber die wenigen, damals zur Dresdner Hofkirchenpfarrei gehörenden Hosterwitzer Katholiken durften die Gottesdienste gleichfalls besuchen.

Den Entwurf für den Bau hatte Joseph Rokita aus Innsbruck geliefert. Nach seinen Plänen war auch die Königskapelle in Brennbichl bei Imst in Tirol entstanden, die Königin Maria von Sachsen zur Erinnerung an ihren Gemahl 1855 errichten ließ. König Friedrich August von Sachsen war ein Jahr zuvor dort tödlich verunglückt.

Die Hosterwitzer Kapelle ähnelt der Tiroler Gedächtnisstätte. An einen fast quadratischen Grundriss schließt sich ein halbrunder erhöhter Altarraum an. Der Gottesdienstraum mit den wenigen Bänken wird beherrscht vom Altarbild der Dresdner Malerin Anna Maria Freiin von Oer: Maria mit dem Jesuskind, umgeben von einem Rosenstrauch, der die Wurzel Jesse versinnbildlicht, aus der Christus entspross. Über der Gottesmutter schwebt der Heilige Geist in Gestalt einer Taube.

Die Fenster zeigen Engelsdarstellungen sowie Schutzheilige und Namenspatrone der Familie Prinz Georgs, zum Beispiel links im Mittelfeld den heiligen Georg mit dem Drachen, darunter das herzoglich-sächsische Wappen mit dem Wahlspruch der Wettiner "Providentiae memor -Gedenke der Fügungen Gottes". Mit den Fensterdarstellungen stellt sich gleichsam Prinz Georg mit den Gliedern seiner Familie dar, die, von den Heiligen geführt, vor Gott treten.

Abel, Melchisedek und Isaak werden im Kanon der heiligen Messe als Vorläufer des Opfertodes Jesu genannt. Die drei farbig gefassten holzgeschnitzten Figuren rechts im Raum stammen aus Südtirol wie auch links die später hinzugefügte Darstellung des Pillnitzer Patrons St. Petrus Canisius.

Denn seit der Errichtung der katholischen Pfarrvikarie St. Petrus Canisius 1940 in Pillnitz dient "Maria am Wege" der Gemeinde als Werktagskapelle, während die größeren Gottesdienste in der Kapelle im Neuen Schloss Pillnitz gehalten werden. Das Pfarrhaus mit der Wohnung des Pfarrers und mit Gemeinderäumen hat seinen Platz in der ehemaligen Brockhaus-Villa, gegenüber der Kapelle und dem ehemaligen prinzlichen Anwesen. Hier residierte Bischof Gerhard Schaffran, der Amtsvorgänger des jetzigen Bischofs.

In den 80er Jahren ist die Kapelle restauriert worden, so dass der ursprüngliche Eindruck wieder hergestellt ist. Die "Teppich"- Malerei der Wandgestaltung mit orientalischen Ornamenten ist mehr als ein Tribut an den Zeitgeschmack des 19. Jahrhunderts. Sie soll darauf hinweisen, dass das alttestamentliche Gottesvolk sein Heiligtum, die Bundeslade mit den Gesetzestafeln Moses, in einem Zelt bewahrte. Das Zelt Gottes -wir erleben diese Idee wieder in der neuen Dresdner Synagoge. So lebt ein Symbol über die Zeiten.

Ursula Wicklein

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 32 des 53. Jahrgangs (im Jahr 2003).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 11.08.2003

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