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Bistum Erfurt

Kinder konkret willkommen heißen

Leinefelde-Süd: Katholischer Kindergarten im Plattenbaugebiet

Leinefelde (ep) - "Dobro poschalowatch", "Chao Buôi sang", "Hos gildiniz", "Herzlich willkommen" und "Kumm rin" hieß es an der Eingangstür zum St.-Bonifatius-Kindergarten in Leinefelde auf Russisch, Vietnamesisch, Türkisch, Deutsch und Leinefeldisch-Eichsfeldisch. Ungarisch, Rumänisch und Kosovarisch fehlten, denn auch Ungarische, Rumänische und Kinder aus Kosovo besuchen die Einrichtung der katholischen Pfarrei St. Bonifatius in der Südstadt Leinefelde, einem Plattenbauviertel aus DDR-Tagen.

Die Kindertagesstätte St. Bonifatius wurde am 26. Januar nach umfassender Rekonstruk-tion offiziell wieder ihrer Bestimmung übergeben. In einem Festgottesdienst, den Diözesan-Caritasdirektor Bruno Heller gemeinsam mit Pfarrer Bruno Wagner und Diakon Günter Bolle in der modernen St.-Bonifatius-Kirche neben der Kita feierte, verdeutlichten Kinder mit ihrem Anspiel den ausgewählten Evangeliumstext: Jesus liebt die Kinder und segnet sie.

Dass es der Kirche ein Anliegen sein muss, den Kindern diese Liebe Gottes erfahrbar zu machen, wird in dem 1,2 Millionen teuren Umbau der einstigen DDR-Kinderkombination (Kinderkrippe und Kindergarten), die 1992 von der Kirche übernommen wurde, deutlich. Generalvikar Georg Jelich, der im Anschluss an den Gottesdienst den Kindergarten segnete, unterstrich dies: "Der Kindergarten ist ein handgreifliches Willkommen für die Kinder, das man ihnen sagen kann, in unserer Gesellschaft aber auch deutlich sagen muss", so der Generalvikar.

Leiterin Maria Bolle dankte für das Engagement der Caritas und machte auf die unterschiedliche Herkunft der derzeit 80 Mädchen und Jungen aufmerksam, die die Einrichtung besuchen.

Etwa 30 Prozent der Kinder im Alter von eineinhalb bis sechs Jahren sind russlanddeutscher oder anderer Herkunft, so Erzieherin Angelika Kaufhold gegenüber dem Tag des Herrn. Hintergrund: In der Leinefelder Südstadt leben zahlreiche russland-deutsche und wenige rumäniendeutsche Aussiedler, dazu Asylsuchende aus verschiedenen Ländern. Ein Teil von deren Kindern besucht den St.-Bonifatius-Kindergarten. Und manche der Eltern sind über diese Möglichkeit sehr froh, wie ein Vater in seinem Dank gegenüber der Caritas und den Erzieherinnen und der Bitte, "man möge in der Einrichtung immer die Nähe der Kirche spüren können", bei der Einweihungsfeier deutlich herausstellte.

Neben Leinefelde kommen auch Kinder aus Breitenholz und Birkungen in die Einrichtung, die täglich von 6 bis 17 Uhr geöffnet hat und Kinder von eineinhalb bis sechs Jahren aufnimmt. Der zu DDR-Tagen für 200 Kinder konzipierte und 72 Meter lange Kinderkrippen- und Kindergartenbau wurde bei regulärem Kindertagesstättenbetrieb in zwei Gebäude getrennt, wie Lothar Weinrich von der Architekturingenieur-GmbH in Uder berichtete. In der einen Hälfte wurde der total neu gestaltete und nun fertiggestellte Kindergarten in hellen, freundlichen modern ausgestatteten Räumen untergebracht. In dem anderen Trakt sollen künftig für Behinderte Arbeitsräume der Eichsfelder Werkstätten und ein Wohnbereich für einige Heiligenstädter Schulschwestern entstehen.

Die relativ große Zahl von Kindern fremdsprachiger Herkunft stellt die Erzieherinnen der Kindertagesstätte St.-Bonifatius vor einige Probleme. "Wenn wir zum Beispiel Elternabend haben, verstehen uns einige der Eltern kaum", sagt Erzieherin Kaufhold. "Und wenn wir den Kindern einen Zettel mitgeben, auf dem steht: ,Bitte geben Sie ihrem Kind ein ausgeblasenes Ei mit!' so wissen manche der Mütter nichts damit anzufangen, weil sie das auch nicht kennen."

Dennoch geben sich die Erzieherinnen viel Mühe, um den Kindern ein frohes und anregendes Miteinander in christlichem Geist zu ermöglichen, wie Frau Kaufhold sagt. Dabei könne aber nicht zuviel vorausgesetzt werden. Die wenigsten der Kinder in den insgesamt sechs altersgemischten Gruppen kommen aus rein katholischen Familien. Zudem sind viele Eltern von Arbeitslosigkeit betroffen, wass sich nicht selten auch auf die Kinder auswirke. Nicht wenige Kinder erlebten die - auch durch die soziale Situation beförderte - Scheidung der Eltern. Frau Kaufhold: "Wir bemühen uns, dass die Kinder Freude an den christlichen Zeichen und Festen finden. Wir feiern die Feste des Kirchenjahres, halten Tischgebet, singen und spielen."

Seit fast drei Jahren bietet der Kindergarten nun schon einen Mutter-Kind-Treff an, der der Begegnung der Mütter und dem Eingewöhnen der Kinder in die Kindergartensituation dient. Dabei ist jede Mutter mit ihrem (künftigen) Kindergartenkind willkommen, unabhängig davon, in welche Einrichtung sie dann ihr Kind gibt. Der Treff findet jeweils donnerstags von morgens bis einschließlich Mittagessen statt.

"Auch wenn Manches noch wünschenswert wäre, wir sind froh, nun so schöne warme und helle Räume zu haben, die gut ausgestattet sind und viele Möglichkeiten bieten", sagt Frau Kaufhold. Zu diesen Möglichkeiten gehörten etwa Einzelförderung der Kinder durch therapeutische Angebote und heilpä-dagogische Frühförderung in der Einrichtung, musikalische Früh-erziehung und sportliche Angebote im großen Turnraum.

Das "Herein, herein, wir laden alle ein", das die Kinder im Festgottesdienst und bei der Einweihung der sanierten Kita sangen, war insofern durchaus wörtlich zu verstehen.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 5 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 04.02.2001

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