Interessen vertreten
Familienbund im Bistum Magdeburg
Reinhard Grütz (30) ist seit Anfang Mai Geschäftsführer des Familienbundes im Bistum Magdeburg und im Land Sachsen- Anhalt. Vorher war er wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Erfurt. Am Max-Weber-Kolleg dieser Universität hat er über den Katholizismus in der DDR seine Doktorarbeit geschrieben. Auch politisch hat Grütz Erfahrungen gesammelt: In seinem Geburtsort Lobenstein leitete er das Wahlkreisbüro eines Abgeordneten des Thüringer Landtags.
Frage: Herr Grütz, nach politischer Tätigkeit und wissenschaftlicher Arbeit sind Sie jetzt Geschäftsführer eines Vereins, der sich vor christlichem Hintergrund für die Familien einsetzt. Was reizt Sie an dieser Aufgabe?
Grütz: Zum einen interessiert mich das Thema Familie. Schon länger. Familie war beispielsweise auch ein Thema meiner wissenschaftlichen Arbeit an der Universität Erfurt. Zum anderen bin ich selbst verheiratet und habe einen neun Monate alten Sohn. So erfahre und erlebe ich ganz persönlich, was Familie bedeutet -die schönen Seiten, aber auch die manchmal negativen. Auf diesem Gebiet etwas voranzubringen und zu verändern -das ist für mich eine interessante Herausforderung.
Frage: Sie wollen sich zu familienpolitsichen Themen vernehmbar äußern. Wo sehen Sie hier Schwerpunkte?
Grütz: Angesicht der vielen gegenwärtigen Spardebatten sehe ich es als wichtigste Aufgabe, dafür zu sorgen, dass die öffentlichen Mittel für die Familienbildung im kirchlichen Raum und die Arbeit in den kirchlichen Familieneinrichtungen weiterlaufen. Hier sollte nicht gespart werden, um auch künftig ein breites und qualifiziertes Angebot für Familien bieten zu können. Natürlich ist mir klar, dass der Familienbund nur eine Stimme im Konzert der Interessenvertreter ist. Und im Vergleich zu anderen sind die Familienverbände eher schwach aufgestellt. Ich bedauere, dass das momentan eine reagierende Herangehensweise an meine Aufgabe ist. Aber das ist zurzeit vordringlich.
Frage: Welche inhaltlichen Akzente wollen Sie in die familienpolitischen Debatte einbringen?
Grütz: Ein wichtiges Thema gerade in Sachsen-Anhalt sind Kinderbetreuung und elterliche Erziehungsverantwortung. Hintergrund ist die gesetzliche Regelung, nach der arbeitslose Eltern nur noch einen Anspruch darauf haben, dass ihre Kinder fünf Stunden am Tag außerfamiliär betreut werden. Was müssen Eltern für die Erziehung ihrer Kinder tun? Was kann außerfamiliäre Betreuung leisten? Darum soll es beispielsweise im November bei einer Fachtagung gehen. Dabei gilt es einerseits, den Eltern ihre Verantwortung für ihre Kinder deutlich zu machen und sie darin zu bestärken, diese wahrzunehmen. Andererseits geht es darum, Kindern -vor allem denen aus schwierigeren Verhältnissen -seitens des Staates die Möglichkeit der Förderung außerhalb der Familie zu schaffen. Auf der Ebene der Bundespolitik und der dort zurzeit geführten Spardebatten halte ich den Komplex Arbeitsgesellschaft für besonders wichtig. Welchen Stellenwert hat Familienarbeit? Wie kann Familienarbeit mit Erwerbsarbeit vereinbart werden? Hier sind Veränderung nötig, die die Familie stärker in den Blick nehmen. Dabei geht es nicht nur um gesellschaftliche Anerkennung, sondern um materielle Honorierung.
Frage: Und was haben Sie zum Thema Familie den Verantwortliche in der Kirche zu sagen?
Grütz: Aufgabe des Familienbundes ist es zuerst, nach außen zu wirken. Aber ich kann mir auch vorstellen im kirchlichen Raum etwas für Familien zu tun. Welche Anküpfungspunkte es gibt, muss ich erst sehen. Ein Ansatz ist sicher die Zusammenarbeit mit dem Referat Ehe und Familie im Ordinariat. Im Allgemeinen denke ich, dass sich in der Kirche die Familien selber stärker zu Wort melden sollten. Das sollte nicht nur denen überlassen bleiben, die ehelos leben.
Fragen: Matthias Holluba
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 25.08.2003