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Aus der Region

Die Lage wird immer schwieriger

Arbeitsrechtliche Kommission informiert sich über Magdeburger Caritas-Einrichtung

Magdeburg (ep) - Mit den besonderen Bedingungen, unter denen Dienste und Einrichtungen der Caritas in der Region Ost arbeiten, hat sich die Arbeitsrechtliche Kommission des Deutschen Caritasverbandes (DCV) auf ihrer Tagung am 14. und 15. März beschäftigt. Das Gremium, das sonst vierteljährlich in Mainz tagt, kam diesmal bewusst in die neuen Bundesländer nach Magdeburg, um vor Ort die Situation kennen zu lernen. Neben Beratungen standen auch Besuche der Kommission in zwei Magdeburger Caritas-Einrichtungen auf dem Programm: Im Caritas-Alten-und-Pflegeheim Bischof-Weskamm-Haus und in der Clearingstelle für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Land Sachens-Anhalt trafen die Tagungsteilnehmer mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern sowie Hilfe Suchenden zusammen.

Die Arbeitsrechtliche Kommission setzt sich je zur Hälfte aus Arbeitgeber- und Arbeitnehmervertretern aller Diözesan-Caritasverbände zusammen und entwickelt und beschließt die Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR), also ein tarifvertragliches Regelwerk, für alle Caritas-Mitarbeiter. Dieser Auftrag werde angesichts schlechter werdender Refinanzierungsbedingungen für die sozialen Dienste und Einrichtungen zunehmend komplizierter, sagt der Geschäftsführer der Kommission, Norbert Beyer. Da bei allen Diensten und Einrichtungen zwei Drittel bis drei Viertel der Kosten Gehälter seien, werde es immer problematischer, eine angemessene Bezahlung mit einer menschenwürdigen Ausgestaltung der Dienste einschließlich entsprechender personeller Ausstattung zu verbinden.

Bei einem Gespräch der Kommissionsmitglieder mit Vertretern der Caritas-Trägergesellschaft St. Mauritius (ctm) sowie Hausleitung, Mitarbeitern und Bewohnern des Magdeburger Bischof-Weskamm-Hauses wurde die derzeit äußerst schwierige personell-finanzielle, aber auch bauliche Situation der traditionsreichen Einrichtung deutlich, die vor eineinhalb Jahren in einen Ersatzneubau umzog.

Private Anbieter von Altenpflegeheimen zahlen ihren Mitarbeitern monatlich bis zu 1000 Mark weniger Gehalt und finden trotzdem - aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit in Sachsen-Anhalt - ohne weiteres Mitarbeiter. Dagegen müsse die Caritas, ihren Angestellten Gehälter zahlen, die an den öffentlichen Dienst angelehnt sind, und dabei auch das aus ihrem christlichen Anspruch erwachsende Niveau der Pflege und Betreuung aufrecht erhalten. Dies sei zunehmend nicht mehr machbar, so der Leiter des Bischof-Weskamm-Hauses, Ulrich Kokot, zumal es für seine Einrichtung derzeit nicht möglich sei, Rücklagen zu bilden, um daraus Mittel zuzuschießen.

Hertha Müller, Vertreterin der Bewohner des Weskamm-Hauses, kritisierte den heutigen "großen Verwaltungsaufwand", zu dem Pflegepersonal ("Jeder Handgriff muss dokumentiert werden.") und Leitung durch die Pflegegesetzgebung und andere Bestimmungen gezwungen seien und wovon die Betroffenen nichts hätten. Frau Müller bescheinigte dem Personal des Alten- und Pflegeheimes "großen Einsatz" bei kräftemäßiger "Überforderung". Pflegedienstleiterin Schwester Elisabeth Menzel und Mitarbeitervertreterin Barbara Schaubs beklagten einen ständig hohen Krankenstand angesichts der großen Belastung des Personals nicht zuletzt aufgrund der Gesetzgebung, die fast nur eine Pflege in der Art von "satt und sauber" zulasse.

Zugleich sprachen sie die Ausstattung des neuen Bischof-Weskamm-Hauses hinsichtlich von Gemeinschaftsräumen an. Diese seien jetzt wesentlich kleiner als im Altbau. Das sei ein Ergebnis der Tatsache, dass das neue Altenpflegeheim im Rahmen einer Übergangsgesetzgebung zu 100 Prozent finanziert wurde. Dadurch war es aber möglich, die Zimmer für die Bewohner entsprechen der Heimmindestbauverordnung auszustatten. Sie seien jetzt großzügig und pflegegerecht eingerichtet. Bistum und Caritas konnten aufgrund ihrer finanziellen Situation nicht über ihren Trägeranteil von zehn Prozent hinausgehen. Deshalb konnte beispielsweise keine Kapelle errichtet werden.

Zuvor hatte der Magdeburger ctm-Geschäftsführer Hans-Georg Stockhausen darauf hingewiesen, dass die - durch voranschreitende Ost-West-Angleichung und tarifgemäße Anhebung der Gehälter - wachsenden Personalkosten in den Caritas-Einrichtungen der Diözese Magdeburg nicht voll von den Kostenträgern refinanziert werden. So betrage das durchschnittliche Entgelt im Bereich der Erziehungshilfe 160 Mark pro Tag und Person, während etwa im Saarland 220 Mark gezahlt würden. "Das heißt", so Stockhausen, "wir haben im Vergleich dazu 76 Prozent des Entgeltes, aber 88,5 Prozent des Westlohnes." Hinzu kämen der enorme Investitionsbedarf in den letzten Jahren angesichts der Anforderungen der Heimmindestbauverordnung und der Umstand, dass die Caritas-Einrichtungen in der Region Ost stärker als in den alten Bundesländern der Konkurrenz der privaten Anbietern ausgesetzt sind.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 12 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 23.03.2001

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