Ökumenischer Frühling?
Maria steht im Mittelpunkt des Gottesdienstes zum Tag der Einheit in Magdeburg
Bemerkenswert: Erleben wir im Jahr der Bibel und im Jahr des ersten Ökumenischen Kirchentages einen ökumenischen Frühling? Ausgerechnet mitten im Ursprungsland der Reformation wird Maria die Kirchen untereinander und Kirche und Gesellschaft miteinander ins Gespräch bringen.
Anlässlich des Tages der Deutschen Einheit am 3. Oktober wird im evangelischen Dom zu Magdeburg, ein ökumenischer Festgottesdienst gefeiert. Ohnehin wird der Dom gegenwärtig als Simultankirche genutzt, Ausdruck jahrelang gewachsener guter Nachbarschaft und Freundschaft.
In einem Land, wo 80 Prozent der Bevölkerung mit Gott und seinem Reich nichts anzufangen wissen, sind solche Zeichen der Nähe und Gemeinsamkeit der Kirchen auch lebensnotwendig, damit die Welt glaubwürdige Zeugen Jesu Christi erlebt.
Neben 1400 offiziell geladenen Gästen aus Bundesregierung, Diplomatischem Korps, Bund und Ländern werden rund 300 Gemeindeglieder aus Magdeburg und Sachsen-Anhalt erwartet und die ARD wird den Gottesdienst um 10 Uhr direkt übertragen.
Einheit entsteht, wenn Menschen zusammenfinden und einander begegnen. Engagierte Christen aus allen Altersstufen Magdeburger Gemeinden gestalten den Gottesdienst, Schüler des Ökumenischen Domgymnasiums, des Katholischen Norbertusgymnasiums, Kirchenälteste, Familien und der Domchor. Dankbarkeit für Gottes Heil schaffendes Handeln mitten in unserer Geschichte angesichts all unserer menschlichen Unvollkommenheit, wird der leitende Grundgedanke des Gottesdienstes sein.
Der evangelische Bischof Axel Noack und der katholische Bischof Leo Nowak werden in einer Dialogpredigt zum Magnifikat über Maria ins Gespräch kommen und verdeutlichen, wie Einheit entsteht durch miteinander Sprechen. Im Hören auf den anderen gilt es, das Eigene einzubringen, Gemeinsames und Unterscheidendes in versöhnter Verschiedenheit zu vermitteln im Miteinander der Kirchen und Religionen, der gesellschaftlichen Gruppierungen, Völker und Nationen.
Das Kreuz Jesu Christi ist ein Plus. Christen verbindet die Überzeugung: Jesus Christus führt und fügt zusammen, was getrennt ist: Gott und die Menschen und die Menschen untereinander. Einheit und Frieden, die höchsten Güter der Menschheit sind das Geschenk des Schöpfers an seine Schöpfung.
Auf welchem Wege geschieht das? Gott stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöht die Niedrigen immer wieder in der Geschichte. Unsere Generation ist dessen Zeuge geworden in der friedlichen Wende von 1989. Mit dem Lobgesang Marias dürfen wir den preisen, der uns das Geschenk der deutschen Einheit auf so wunderbare Weise hat zuteil werden lassen.
Als Zeichen der christlichen Einheit in Vielfalt, der Achtung und Ehrfurcht vor der spirituellen Prägung des je Anderen wird es zu einem symbolischen Akt eines Mariengedenkens kommen. Vor der aus dem Mittelalter stammenden wundertätigen Madonna im Südquerhaus des Domes soll eine neue Gebetsstätte eingeweiht werden. In einer kleinen Prozession von Liturgen, Domgemeindekirchenrat, einer katholischen und einer ausländischen Familie und evangelischen Frauen werden nach der Lesung von Lk 1,28.31-33 Kerzen entzündet.
Mit Fürbitten um die Vollendung der deutschen Einheit, die Einheit von Kirche und Welt sowie der Option für die Schwachen in aller Welt wird Gottes Segen erbeten, dass Menschen einander zum Segen werden.
Das ist die Sendung der Christen: Seele der Gesellschaft, aller menschlichen Gemeinschaft zu sein. Die Glocken der Innenstadt laden zu feierlichem Gedenken für das Geschenk der deutschen Einheit ein und wollen erinnern, alles ist Gnade. Maria hat uns die Gnade gebracht, ihren Sohn Jesus Christus. Sie ist uns die Gnadenreiche. Sie möge all unser menschliches Tun begleiten, nicht zuletzt den Festgottesdienst am 3. Oktober im Magdeburger Dom.
Hans-Joachim Marchio,
Direktor der Katholischen Akademie und Ökumenereferent des Bistums
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 25.09.2003