Kirche sehen, schmecken, riechen
Zum ersten Mal eine Nacht der Kirchen in Wernigerode
Wernigerode (ep) -Erste Überlegungen hatte es bereits vor eineinhalb Jahren dafür gegeben. Jetzt war es soweit: Am vergangenen Samstag, 20. September, luden die Gemeinden in Wernigerode und Umgebung zu ihrer ersten Nacht der Kirchen ein. Und als dieser Abend bei mildem Spätsommerwetter mit einem Mitternachtsgottesdienst zu En-de ging, waren viele der Teilnehmer des Lobes voll.
Die Vorbereitungszeit hatte sich gelohnt: Zustande gekommen war nicht nur ein gut koordiniertes Programm in den einzelnen Gemeinden. Auch weitere Institutionen kamen nach und nach als Mitwirkende hinzu. So spielte bei der Auftaktveranstaltung in der evangelischen Liebfrauenkirche das Philharmonische Kammerorchester Wernige-rode und gab sich auch im Anschluss noch mit einem Konzert die Ehre. Um von einem zum anderen Gotteshaus zu gelangen, boten die Wernigeröder Bimmel- und die Schlossbahnen ihre Fahrdienste an. Das war auch deshalb recht hilfreich, weil sich auch die evangelischen Gemeinden Silstedt und Minsleben an der Kirchennacht beteiligten. Wer das informative und ansprechend gestaltete Programmheft des Abends für 50 Cent erworben hatte, konnte kostenlos mitfahren.
Der evangelische Pfarrer Frieder Anacker dankte während der Auftaktveranstaltung unter allen Mitwirkenden besonders seinem katholischen Kollegen Reinhard Hentschel, der die Kirchennacht initiierte und "auch die Hauptlast der Organisation trug".
Die zu jeder vollen Stunde in den insgesamt zwölf Kirchen neu angebotenen Programmpunkte reichten von Chagall-Ausstellung bis musikalischer Rilke-Lesung und von Prominenten-Talk bis Taizégebet. Etliche hundert Interessierte nahmen daran teil. Zur "Liturgie der Sinne" lud die katholische Marien-Gemeinde ein. In der Kirche waren liturgische Geräte wie Taufschale, Kelche, Weihrauchfass, aber auch Messgewänder ausgestellt, Kreuzweg und Tabernakel, Mutter-Gottes-Statue und Altar erklärend beschriftet. In einer Führung erläuterte Pfarrer Hentschel Grundzüge der katholischen Liturgie. Ungeweihte Hostien und Messwein konnten gekostet werden, ein Kind legte Weihrauch auf eine glühende Kohle und das Kranken-Öl wurde zum Daranriechen herumgereicht. Zu Beginn der Führung stellte der Gemeindechor unter Leitung von Heidrun Zwerschke innerhalb von 15 Minuten die wichtigsten Gesänge einer Eucharistiefeier vor.
Die Kirchennacht endete mit einem ökumenischen Mitternachtsgottesdienst auf dem Nicolaiplatz, auf dem seit kurzem ein Plattenband und ein Brunnen an die einstige Nicolaikirche erinnern. Anhand der auf dem Brunnen dargestellten Gestalten wie dem heiligen Nikolaus und Martin Luther wurde die Botschaft des Evangeliums verdeutlicht. Am Ende des Abends meinte ein keiner Konfession angehörendes junges Paar: So eine Kirchennacht sollte es wieder geben. Es war heute abend ja gar nicht alles zu schaffen.
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 25.09.2003