Sich selbst und den anderen Freund sein
Pfarrer Besch kommt es bei der Verkündigung des Evangeliums besonders auf diese Haltung an
Senftenberg -"Ich möchte als Seelsorger in erster Linie Menschen helfen, ihre Verbindung zu Gott und damit zum Leben zu entdecken", sagt Thomas Besch. "Dabei versuche ich, eine Spiritualit der Barmherzigkeit zu praktizieren: Die Menschen sollen erst einmal so sein können, wie sie sind, ohne irgendetwas leisten zu müssen. Sie sollen in der Kirche einen Ort haben, an dem sie mit ihren Erfahrungen zu Hause sein dürfen."
Thomas Besch ist seit 1997 Pfarrer in Senftenberg. Vorher war er Kaplan in Görlitz, St. Jakobus, in Finsterwalde, Wittichenau und zuletzt bereits in Senftenberg. Besch, der am 6. Oktober 43 Jahre alt wird, stammt aus Spremberg, lernte zunächst den Beruf des Tischlers, studierte nach dem Abitur im Magdeburger Norbertuswerk am Erfurter Philosophisch-Theologischen Studium Theologie und Philosophie. In den zurückliegenden Jahren hat er ein berufsbegleitendes Studium Logotherapie (sinnzentrierte Therapie nach Viktor Frankl) absolviert.
"Christliche Existenz lässt ausdrücklich das Scheitern zu." Darauf legt Pfarrer Besch großen Wert. "So können Menschen Vertrauen lernen in das Leben und auf Gott, und immer wieder einen neuen Anfang machen", sagt der Seelsorger. Das bedeute allerdings nicht, "dass Christen Verlierer sein sollten". "Es geht darum, trotz aller Begrenztheiten und allen Versagens das Leben schon heute zu entdecken, schon jetzt etwas von der Fülle des Lebens zu genießen", so Besch. Das seelsorgliche Gespräch, die Begegnung mit Menschen sind ihm ganz wichtig. Sie kommen zu ihm. Aber der Pfarrer wird auch viel eingeladen, wie er sagt. Besch: "Ich bin gern bei den Leuten. Im Zusammensein mit Menschen bietet sich immer wieder die Möglichkeit, deutlich zu machen: ,Du suchst Gott und bist doch längst ein von Gott Gefundener." Dabei geht es dem Seelsorger "nicht darum Ratschläge zu geben, wohl aber auf Dinge hinzuweisen und Möglichkeiten aufzuzeigen".
"Ich verwirkliche meine Berufung so gut, wie ich kann. Gott verlässt mich nicht." Diese Haltung, dieses "Selbstbewusstsein aus tiefer Christusverbundenheit" versucht der Pfarrer selbst zu leben und den Menschen zu vermitteln.
Besch möchte, dass christliche Kinder und Jugendliche genügend Selbstbewusstsein und auch Spaß daran haben, sich in der Diaspora als Glaubende zu zeigen, Mut haben, sich einzumischen. "Deshalb bemühe ich mich, Kindern -wo immer es geht -Selbstbewusstsein zu vermitteln", sagt der Seelsorger. Eine gute Katechese, in der solides Wissen vermittelt wird, hält er deshalb für unerlässlich. Dies geschieht in Senftenberg in der Gemeinde. Für Schulklassen, die im Rahmen des brandenburgischen Schulfaches Lebenskunde- Ethik-Religion (LER) die katholische Kirche anschauen wollen, nimmt er sich bewusst Zeit, sagt Besch. Für LER-Lehrer hat er im Pfarrhaus schon Fortbildungsstunden gehalten.
Seit sechs Jahren engagiert sich Thomas Besch mit seiner Gemeinde bei der Sanierung der Kirche von Hörlitz. Das Gotteshaus wird nicht mehr benötigt und wurde deshalb von Bischof Rudolf Müller profaniert. Da auch eine Nichtnutzung erhebliche Kosten verursacht, gibt es das Konzept, die Kirche zum Kultur- und Begegnungszentrum zu machen. Doch um daraus Realität werden zu lassen, fehlen noch Gelder, die die Gemeinde nicht aufbringen kann. Gemeinsam mit Andersglauben setzt sich der Pfarrer auch für Projekte in der Stadt wie zum Beispiel das jährliche Straßenfest ein. Besch: "Es geht mir nicht zuletzt auch im Blick auf die Nichtchristen darum, Glauben im Sinne einer Haltung zu leben, die deutlich macht: Gott hat Interesse am Menschen."
Bei all seinem Einsatz versucht Pfarrer Besch, ein angenehmes Leben zu führen. "Ich möchte nicht, dass die Leute sagen: Der tut mir aber Leid in seiner Situation. Wer mich erlebt, soll ruhig sagen: Eigentlich führt der ein schönes Leben." So nimmt er zurzeit selbst wieder einmal Orgelunterricht, weil er Freude daran hat. Er ist Mitglied im örtlichen Lions-Club. Als Sportbegeisterter ist Thomas Besch geistlicher Beirat der Deutschen Jugendkraft im Bistum Görlitz. Der Pfarrer liest gern, beschäftigt sich mit der Lebensphänomenologie, einer philosphischen Weise, das Leben zu beschreiben und zu deuten. "Es geht darum, immer mehr zum Lebenskünstler zu werden" und so schon hier am Leben Freude zu finden, nicht erst im Himmel", sagt Besch.
Den vor einigen Jahren in einer westdeutschen Diözese verwendeten Werbeslogan "Wir brauchen keine frommen Jungs, sondern Priester" möchte Besch umgedreht sehen: "Wir brauchen fromme Mädchen und Jungs, von christlicher Lebenshaltung durchwirkte Seelsorger, aber auch Familienmütter und -väter, die Menschen aufgrund ihrer Spiritualität helfen, mit Gott ins Gespräch zu kommen."
Eckhard Pohl
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Dienstag, 07.10.2003