Sinnvoller Dienst für die Soldaten
Militärseelsorger Andreas Ginzel
Am 16. Oktober wurde Andreas Ginzel (35) in Burg bei Magdeburg von Militärdekan Hartmut Gremler in sein Amt als hauptamtlicher Militärpfarrer eingeführt. Er übernimmt im Militärseelsorgebezirk Burg den Dienst von Militärpfarrer Helmut Ladewig. Der TAG DES HERRN sprach mit Ginzel:
Frage: Herr Pfarrer Ginzel, Militärseelsorger -wird man das mit Selbstverständlichkeit oder muss man dazu von seinem Bischof gedrängt werden?
Ginzel: Militärpfarrer zu sein ist sicher zunächst einmal nicht das, woran man denkt, wenn man Priester wird. Ich bin inzwischen vier Wochen in der Kaserne tätig. Und je länger ich hier bin, habe ich das Gefühl, dass es sinnvoll ist, diesen Dienst zu tun. Genauso sinnvoll, wie wenn es sich jemand zur Aufgabe machen würde, täglich etwa in einem Park, einem Café auf dem Marktplatz oder auf dem Bahnhof für jeden zum seelsorglichen und helfenden Gespräch bereit zu sein.
Frage: Wird Ihr Angebot in Anspruch genommen?
Ginzel: Es wird genutzt, auch in meinen ersten vier Wochen schon. Sicher kommen keine Massen. Es kommen Menschen mit ihren Sorgen und Problemen, die nicht unbedingt regelmäßige Kirchgänger sind, aber verstanden haben, dass sie mit dem Pfarrer alles bereden können. Und dass niemand in der Kaserne davon erfährt.
Frage: Zu Ihren Aufgaben gehört auch der monatliche lebenskundliche Unterricht ...
Ginzel: Bis jetzt habe ich noch keinen gehalten. Es gilt dabei zu vermitteln, dass auch Bundeswehrangehörige denkende und ethisch verantwortliche Menschen sind und bleiben. Und das ist auch vom Gesetzgeber ausdrücklich gewollt genauso wie es gewollt ist, dass die Bundeswehrangehörigen durch die Militärseelsorger Möglichkeit zur freien Religionsausübung haben. Man traut den Kirchen als außenstehenden Instanzen zu, dass sie die Soldaten -als Staatsbürger in Uniform -gemeinsam mit den militärischen Ausbildern bei moralischer Gesundheit erhalten. Einfache Dienstgrade, aber auch Unteroffiziere und Offiziere sollen durch unseren Dienst die Möglichkeit haben, sich zu vergewissern: Das, was wir machen, ist sinnvoll.
Frage: Eine Aufgabe, die in Zeiten von Auslandseinsätzen von Bundeswehrsoldaten ja eher an Bedeutung gewinnt?
Ginzel: Einerseits werden solche Einsätze immer mit kritischen Fragen zu begleiten sein, ob sie ethisch vertretbar oder vielleicht sogar geboten sind oder nicht. Unabhängig von der Antwort auf diese Fragen ist es andererseits sinnvoll, die Soldaten, die in den Einsatz gehen, und auch ihre Angehörigen zu Hause zu begleiten. Angesichts der zunehmenden Auslandseinsätze sind die Familienbetreuungszentren und -stellen der Bundeswehr gestärkt worden. Auch hier kommen dem Militärpfarrer Aufgaben zu. Heute abend gehe ich beispielsweise erstmals zu einem Stammtisch von Frauen, Müttern und allen, die sich mit den Soldaten verbunden fühlen.
Frage: Seit einiger Zeit ist die Wehrpflicht in der Diskussion, wie stehen Sie dazu?
Ginzel: Alle, mit denen ich im zivilen Leben darüber gesprochen habe, sind für die Beibehaltung. Ich auch. Es muss sicher nicht die Bundeswehr sein, aber es ist eine wichtige Lebenserfahrung, eine Zeit lang mit vielen anderen und für andere einen Dienst zu tun. Aus der Perspektive der Bundeswehr bietet das zudem die Chance, aus der breiten Bevölkerung geeignete Personen auswählen zu können für den verantwortungsvollen Dienst als Soldat und damit für eine der Demokratie und den Prinzipien der Menschenwürde verpflichtete Armee.
Frage: Wie steht es um Gottesdienste für die Soldaten?
Ginzel: Standortgottesdienste finden etwa zu den vierteljährlichen Gelöbnissen in der Pfarrkirche statt. Darüber hinaus gibt es bei großen Übungen an Sonn- und Festtagen Gottesdienste im Feldlager. Ich möchte aber auch hier in der Kaserne -vielleicht wenn ab Januar mein hauptamtlicher evangelischer Kollege dazukommt -einen regelmäßigen Wortgottesdienst an einem Wochentag am Abend anbieten.
Fragen: Eckhard Pohl
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 20.10.2003