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Aus der Region

Nur noch Tofu und Gemüseschnitzel?

Zur Situation in den Küchen der katholischen Häuser

Leipzig (pj) - Die Rinder sind derzeit aus den täglichen Schlagzeilen nicht mehr wegzudenken. Und dass wegen der friedlichen Wiederkäuer in Deutschland mittlerweile viele Menschen ihr Essverhalten grundlegend ändern, berührt zwangsläufig auch die Küchen in katholischen Einrichtungen. Stehen also inzwischen nur noch Tofu und Gemüseschnitzel auf dem Speiseplan? Oder lässt man sich von der allgemeinen BSE-Angst nicht anstecken? Wir haben in verschiedenen Einrichtungen unserer Bistümer nachgefragt.

Christine Romba von der Küche des Magdeburger Roncalli-Hauses spürt die Folgen der BSE-Krise in ihrem Haus sehr deutlich. Vor allem Eltern, deren Kinder in den angeschlossenen Kindergarten gehen, sind besorgt und wollen ihre Sprösslinge gesund ernährt wissen. "Immer wieder fragen Mütter oder Väter, was wir verarbeiten", erzählt Christine Romba. Für sie war die logische Konsequenz aus der Unsicherheit der Menschen, den Speiseplan vollkommen umzustellen. Rindfleisch ist tabu: "Bei uns gibt's jetzt vorallem Geflügel und viel vegetarische Kost."

Das Fleisch direkt beim Bauern zu kaufen, ist allerdings nicht drin. Die Preise seien ohnehin schon gestiegen. Das Essen solle jedoch nicht teurer werden.

Wichtig ist für Christine Romba vor allem die genaue Information der Händler. "Unser Hausmetzger liefert ständig neue Erkenntnisse über BSE mit." Sogar Schulungen, die der Großhändler anbietet, werden wahrgenommen, um bei Anfragen sachkundig Auskunft geben zu können.

Auch im Jugend- und Erwachsenenbildungshaus Marcel Callo in Heiligenstadt kommt in Zeiten von BSE vom Rind nichts mehr auf den Tisch. "Gerade Jugendliche würden es nicht essen", meint eine Küchenangestellte. Also sind jetzt Gemüse- und Geflügelgerichte angesagt.

Einen Einkauf beim Bauern kann sich das Haus nicht leisten und bezieht das Fleisch weiter aus dem Großhandel. Mit den Informationen der Hersteller über Zusammensetzung und Herkunft hat die Mitarbeiterin aber so ihre Probleme. "Wer kann das schon glauben?", fragt sie sich.

Wann es wieder Rindfleisch geben wird? "Ja, das möchten wir auch gern wissen!" Für sie ist das vor allem medienabhängig: "Wenn ein paar Wochen nichts mehr im Fernsehen kommt, denkt man es ist vorbei."

Ganz anderer Meinung ist der Küchenchef des Görlitzer St.-Carolus-Krankenhauses Wolfgang Graf. In seinen Töpfen und Pfannen gibt es keine Veränderungen. Es wird genauso gekocht wie vor der BSE-Hysterie. "Besser untersucht als jetzt kann das Fleisch doch gar nicht sein", vertritt er seine Haltung. Er vertraut auch weiter seinem alten Lieferanten. "Wenn man mir Rindfleisch anbietet, muss ich doch auch davon ausgehen, dass man es verzehren kann."

Claus Schied, Küchenleiter im Dresdner Ordinariat, sieht ebenfalls keinen Anlass, unruhig zu werden. "Wir haben uns von der Panik nicht mitreißen lassen!" Jetzt, da alles so stark kontrolliert werde, könne man doch unbesorgt Rindfleisch essen.

Er habe deshalb auch nicht vor, die Händler zu wechseln, achte aber ganz genau auf die Herkunftsländer - wie beim Gemüse übrigens auch. Bei den Tomaten gebe es doch das gleiche Problem. Ob die Mitarbeiter des Ordinariats damit genauso locker umgehen? "Fast alle", so Schied, "sehen das Ganze eher belustigt und lachen drüber". Wenn jedoch Misstöne kämen, würde sich der Küchenchef sofort umstellen. "Ich würde da nicht lange argumentieren." Bis jetzt sind aber alle zufrieden und essen weiter wie gewohnt - auch Rindfleisch. Claus Schied: "Nur der Zivi isst das nicht!"

Für den Caritas-Ökobauernhof Gut Glüsig in der Nähe von Haldensleben - ein Arbeits- und Wohnprojekt für schwer vermittelbare Langzeitsarbeitslose - hat die BSE-Krise sogar positive Folgen. Der Hof erfreut sich einer stark gestiegenen Nachfrage. "Wir bekommen von allen Seiten Anfragen, auch von kirchlichen Einrichtungen", erzählt der amtierende Projektleiter Michael Brüggemann. Der Verkauf von Rindfleisch sei nicht eingebrochen, der größere Umsatz resultiere aber zum Großteil aus dem Verkauf von Schweinefleisch.

Das größte Problem sei nun, dass die Kapazität des Hofes schon weit überschritten ist. "Wir können nicht mehr allen Anfragen gerecht werden." Das liege vor allem an der geschlossenen Kette innerhalb des Hofes. Von der Futterproduktion, über die Haltung und Schlachtung der Tiere bis letztendlich zum Verkauf auf umliegenden Märkten läuft auf Gut Glüsig alles in Eigenregie - und das ist den Kunden zurzeit besonders wichtig.

Michael Brüggemann ist allerdings nicht der Meinung, dass der Absatz nun ständig auf einem derart hohen Niveau bleiben wird. "Wir sind nicht so blauäugig!" Er sieht die spätere Kundschaft des Hofes vor allem in denjenigen, die ganz bewusst auf ökologische Haltung Wert legen. "Mittelfristig wird es unseren Kunden nicht mehr darum gehen, ob unser Fleisch sicherer ist", schätzt er die Lage ein.

Für ihn steht der BSE-Skandal in einem ganz anderen Licht. "Wir Christen sehen das Ganze in einem viel größeren Zusammenhang, ist doch die Bewahrung der Schöpfung unsere Aufgabe. Das ist mit chemischer Tierhaltung nicht möglich und endet in einem Teufelskreis."

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 12 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Freitag, 23.03.2001

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