Gesprächspartner für Andersdenkende
Mit einem großen Philistertreffen feierte die Studentengemeinde Ilmenau 50-jähriges Jubiläum
Ilmenau -"Ich glaube, ein solches, speziell für ehemalige Studenten organisiertes Treffen ist einmalig", freute sich der langjährige Ilmenauer Gemeindeund Studentenpfarrer Gerhard Sammet am vergangenen Sonntag. Etwa 180 "Philister" -ehemalige Studierende der Technischen Universität -waren der Einladung nach Ilmenau gefolgt und feierten das 50-jährige Bestehen der katholischen Studentengemeinde (KSG) "Thomas Morus".
Insgesamt waren 40 der 50 Matrikel vertreten, darunter auch der heute 71-jährige Johannes Waury. Er begann im Jahre 1953 sein Studium in Ilmenau und wirkte fortan aktiv am Aufbau der Studentengemeinde mit. Johannes Waury erinnert sich gern an die Zeit zurück und entdeckte am vergangenen Wochenende vor allem sehr viele bauliche Veränderungen in Ilmenau. Ganze Wohngebiete sind dazugekommen, seit er hier seine Studienzeit verlebte. "Und auch die Studienbedingungen haben sich deutlich verbessert -es gibt hier viel moderne Technik. Allerdings muss man sich heute auch selbst um den Erfolg des Studiums kümmern, früher wurde man zu allem noch etwas angeschubst", so der gebürtige Oberlausitzer.
Schon am Samstagmorgen kamen Erinnerungen auf: Über 30 ehemalige Studierende hatten sich zu einer Andacht am Kreuz auf dem Ehrenberg versammelt. Dieses war im Frühjahr 1979 durch drei Studenten ohne großes Aufsehen errichtet worden. "Wir haben damals den Staat geschickt umgangen und es hat sich auch nie jemand darüber beschwert", berichtet einer der Initiatoren "Im kommenden Jahr, 25 Jahre nach seiner Errichtung, soll das Kreuz einen großen Bruder' in unmittelbarer Nähe zum Campus bekommen", erklärte der jetzige Studentenpfarrer Stephan Riechel, der die täglichen Aufgaben der Studentengemeinde so umschrieb: "Wir wollen Hilfe, Anlaufpunkt und Gesprächspartner für andere Kulturen, Andersdenkende und - glaubende an der Universität sein."
Er ist überzeugt davon, dass der Glauben durch die jungen Menschen, die zum Studieren nach Ilmenau kommen, immer wieder neu und jung sein kann. Dass die Philister zumindest innerlich jung gebliebenen sind, konnte man im nur so vor Energie sprühenden Festgottesdienst am Sonntag merken.
Bischof: Kirche soll Orientierung geben
Ehrengast und Festredner war am Samstagnachmittag Bischof Joachim Wanke, der seine Kindheit und Jugendzeit in Ilmenau verbrachte und vielleicht deshalb einen besonderen Draht zu der Stadt im Thüringer Wald hat. Mit seinem Vortrag "Bitte keine Werbung einwerfen -Darf Kirche missionieren?" hatte er sich ein scheinbar kompliziertes Thema modernen Kirchenlebens herausgesucht. Doch mit Bildern und Vergleichen machte er dem großen Auditorium in der Pfarrkirche das Problem schmackhaft.
Für den Bischof ist "Missionieren" das falsche Wort, er nannte es lieber "Orientierung": "Wir Christen haben mit dem Evangelium eine Landkarte zur Orientierung, die wir uns selbst und auch anderen zeigen können, die sich nicht auskennen." Die Kirche solle nicht mit sich selbst, sondern nur mit dem Produkt, dem Evangelium, werben um dem Generalverdacht entgegenzuwirken, dass sie die Menschen vereinnahme. "Der Glaube wird durch menschliche Begegnung weitergegeben, nicht durch die Institution Kirche", so Joachim Wanke in seinen Ausführungen.
Zahlreiche menschliche Begegnungen im Sinne des Bischofs gab es am gesamten Wochenende: "Das Philistertreffen macht auf mich immer den Eindruck eines großen Familientreffens -man kann mit Menschen jeden Alters ins Gespräch kommen", so Pfarrer Gerhard Sammet. Geschenke wurden auch verteilt. Die Philister schenkten der Studentengemeinde ein Relief ihres Patrons Thomas Morus, das künftig in Ilmenau hängen soll. Das nächste Treffen der Philister ist das Patronatsfest im kommenden Jahr.
Benjamin Leers
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Sonntag, 02.11.2003