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Mit Traumkissen und Holzkreuz unterwegs

Ökumenische Jugendwallfahrt von Rietschen nach Arnsdorf

Jugendliche mit Holzkreuz Rietschen/Niesky/Arnsdorf (kh) - An T-Shirt-Träger, Gürtelschlaufe oder Gitarrenwirbel, an Uhrband, Rucksack oder Sonnenhut: Überall baumeln kleine, grün-grau gestreifte Kissen an weißen Bändern. Innen drin ist Watte und ein kleines Stückchen Papier. Darauf sollten die rund 30 Teilnehmer der diesjährigen ökumenischen Fußwallfahrt einen Traum schreiben, vielleicht sogar ihren Lebenstraum.
"Traumreise" lautete auch das Motto dieser Wallfahrt, die diesmal von Rietschen über Niesky nach Arnsdorf führte. Diözesanjugendseelsorger Bosco Marschner und Landesjugendpfarrer Ulrich Wollstadt begleiteten die Jugendlichen auf den beiden etwa 17 Kilometer langen Etappen. In den Kirchen, die am Weg lagen, bekamen die jungen Wallfahrer geistige Impulse. In Kosel zum Beispiel hörten sie die Geschichte von Rabbi Eisik, der träumte, er solle nach Prag reisen und an der Brücke zum Königsschloss einen Schatz suchen. Dort standen aber Tag und Nacht Wachposten und der fromme Jude wagte es nicht, mit dem Graben zu beginnen. Schließlich sprach ihn ein Hauptmann an und erzählte, dass er selbst einmal geträumt habe, er solle in Krakau unter dem Ofen des Juden Eisik nach einem Schatz graben. Daraufhin kehrte Eisik nach Hause zurück und fand dort tatsächlich einen Schatz.
"Habt ihr die Geschichte verstanden?", fragt Anne nach dem Mittagessen in die Runde. "Ja", erwidert Konstanze. Der Jude sei seinem Traum hinterhergefahren und habe so seinen Schatz gefunden, wenn auch nicht an der Brücke. Dort habe er nur den Hinweis bekommen, wo er suchen müsse. "Es waren also zwei Träume", ergänzt Matze. Der Rabbi sei dem Traum des Hauptmanns nachgegangen, dem dieser nicht gefolgt war.
Fragen, die mit ihrem Glauben zu tun haben, beschäftigen die jungen Leute an diesen Tagen immer wieder, egal, ob es um die Kantorenausbildung oder das Fasten geht. Bei einer Wallfahrt ergeben sich eben leichter tiefere Gespräche als beispielsweise auf Partys. Für die 18-jährige Anne ist das einer der Hauptgründe, warum sie sich mit den anderen auf den Weg gemacht hat. Die Konfession spielt für die Jungen und Mädchen dabei kaum eine Rolle - beim Miteinanderreden nicht und beim Nebeneinanderhergehen, Sichsonnen und Spaßhaben erst recht nicht. "Im Prinzip ist es doch egal, ob jemand katholisch oder evangelisch ist", bringt Monika diese Einstellung auf den Punkt.

Dass sich in Sachen Ökumene etwas verändert hat, konnte auch Pfarrer Wollstadt feststellen. 1976, bei der ersten gemeinsamen Wallfahrt junger katholischer und evangelischer Christen aus dem Lausitzer Raum, sei es darum gegangen, den "ökumenischen Gedanken durchs Land zu tragen". In den vergangenen 25 Jahren habe sich diese Wallfahrt aber gewandelt zu einem "Event, bei dem man zusammen Schönes erlebt". Inhaltliche Fragen würden nun vor allem bei den ökumenischen Begegnungskursen aufgegriffen, die einmal im Jahr in Neuhausen stattfinden. Schade findet es Wollstadt jedoch, dass die Kirchengemeinden, die entlang der Wegstrecke liegen, weniger Interesse an der ökumenischen Pilgergruppe zeigen als früher. Dass es trotz all dem auch im kommenden Jahr wieder eine ökumenische Fußwallfahrt geben wird, davon ist Wollstadt ebenso überzeugt wie Bosco Marschner. Schließlich waren einige Jugendliche zum ersten Mal dabei, Maria und Sophie etwa. Und die wollen nächstes Jahr wieder kommen und obendrein noch ein paar Bekannte mitbringen. Das stand für die beiden 15-Jährigen schon am ersten Wallfahrtstag fest.

Dieser Beitrag wurde veröffentlicht in Ausgabe 22 des 51. Jahrgangs (im Jahr 2001).
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 31.05.2001

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