Er wird kommen in Herrlichkeit
Gottes Richten ist die Erfüllung der Sehnsucht derer, die "hungern und dürsten nach der Gerechtigkei
Am Ende des Kirchenjahres und am ersten Adventssonntag richten die Texte der Liturgie unseren Blick auf die Parusie, das Kommen des erhöhten Herrn am Ende der Zeiten mit Macht und Herrlichkeit. Die apokalyptischen Bilder und Visionen von der kosmischen Katastrophe des Weltendes dürfen wir nicht missverstehen als Information über die definitive Zukunft der Menschheit und der Erde. Hier stehen dichterische Bilder und Erzählungen für das der reinen Vernunft Unerforschliche, für das Erhoffte und Befürchtete. Christus, der erhöhte Herr, wird zum Weitgericht erscheinen. Löst diese Vorstellung in uns Angst oder Zuversicht aus? Wenn wir uns Christus nach dem Modell eines menschlichen Richters vorstellen, werden wir wohl kaum voller freudiger Erwartung sein. Gottes Richten aber ist kein Hin-richten, sondern ein Her-richten, ein Zurechtrücken und Wieder-in-Ordnung-bringen. Es ist die Erfüllung der Sehnsucht derer, die "hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit". Gottes Richtersein ist bestimmt von seinem Erbarmen, seinem Herz für die Armen, Unterdrückten und Zu-kurz-Gekommenen. Die, deren Hoffnung so oft von den Reichen und Mächtigen unterdrückt wird, dürfen endlich Gottes ausgleichende Gerechtigkeit erfahren. Der Triumph der Mörder über ihre Opfer ist zuende.
"Dadurch kommt es ,heraus', wer in Wirklichkeit der ,Größte' im Reich Gottes ist: Eben der, der sich wie ein Kind oder ein Armer restlos von Gottes Liebe beschenken lässt." (Medard Kehl) Die Botschaft vom Kommen des Herrn in Herrlichkeit als Weltrichter tröstet und ermutigt uns: "Erhebt eure Häupter, denn eure Erlösung ist nahe" (Lk 21,28). Gleichzeitig ist sie ein Aufruf zur Umkehr, zur Wachsamkeit und zum Gebet: "Wacht und betet allezeit, damit ihr allem, was geschehen wird, entrinnen und vor den Menschensohn hintreten könnt" (Lk 21,36). In dem Dokument "Unsere Hoffnung" der Katholischen Deutschen Synode (1975) heißt es: "Dabei verschweigen wir nicht, dass die Botschaft vom Gericht Gottes auch von der Gefahr des ewigen Verderbens spricht. Sie verbietet uns, von vornherein mit einer Versöhnung und Entsühnung für alles zu rechnen, was wir tun oder unterlassen. Gerade so greift diese Botschaft immer wieder verändernd in unser Leben ein und bringt Ernst und Dramatik in unsere geschichtliche Verantwortung." Dem Leichtfertigen, der seine persönliche Verantwortung nicht ernst nimmt, gilt die Botschaft: Dein Heil ist nicht von vornherein garantiert. Dem Überängstlichen und an seiner persönlichen Verantwortung Verzweifelnden wird gesagt: Der Macht der gewinnenden Liebe Gottes sind keine Grenzen gesetzt.
Pater Damian Meyer
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Montag, 01.12.2003