Der Mensch im Mittelpunkt
Grenzfragen des Lebens in der Politik
Die Enquetekommission des Thüringer Landtages "Wahrung der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen" ist das erste Gremium in Deutschland auf Landesebene, das sich in umfassender Form mit den dem Umgang von Menschen in schweren Lebenssituationen beschäftigt hat. Nach rund dreieinhalbjähriger Arbeit hat sie nun ihren Abschlussbericht vorgelegt. Der TAG DES HERRN sprach mit der Vorsitzenden der Kommission Johanna Arenhövel (CDU).
Frage: Frau Arenhövel, nach über dreijähriger Arbeit hat Ihre Kommission jetzt den Abschlussbericht vorgelegt. Welche Bilanz ziehen Sie?
Arenhövel: Der ganze Bericht ist ein Bekenntnis zum Schutz und zur Wahrung der Würde des menschlichen Lebens. Er behandelt Fragen nach dem Schutz des ungeborenen Lebens, Konflikte in der Schwangerschaft oder der Bioethik ebenso wie den Umgang mit Behinderten in der Gesellschaft oder mit schweren Krankheiten. Der Bericht enthält zudem Empfehlungen an die Landesregierung hinsichtlich ethischer Fragestellungen in der Schulund Berufsausbildung, Vorschläge zur Verbesserung der Rehabilitationsgesetze, Initiativen zur Neuordnung des Behindertenrechts in Thüringen und vieles mehr. In einer Zeit, in der die wissenschaftliche Forschung immer schneller voranschreitet, man über die Reform des Sozialstaates diskutiert, halte ich eine solche grundsätzliche Arbeit, unabhängig vom politischen Alltagsgeschäft, für besonders wichtig.
Frage: Welche Auswirkungen der Ergebnisse erhoffen Sie sich auf das tagespolitische Geschehen?
Arenhövel: Ich erhoffe mir, dass wir in diesen Fragen -der Würde des menschlichen Lebens in Grenzsituationen -weiterhin eine humane Ausrichtung in der Gesellschaft erfahren, gerade im Hinblick auf die schwierigen Bereiche der Gentechnik und Bioethik. Bei allen unterschiedlichen Positionen in der Kommission waren wir uns doch parteiübergreifend einig, dass die Würde des Menschen im Vordergrund stehen muss, und dass auch die wissenschaftliche Forschung eine ethische Orientierung braucht.
Frage: Ein großer Teil der Kommissionsmitglieder sind Christen, Sie selbst auch, was sich auch in den Ergebnissen der Arbeit niedergeschlagen hat. Wie sind diese aber einer überwiegend nicht christlichen Bevölkerung vermittelbar?
Arenhövel: Der Bericht der Enquetekommission wirft Fragen auf, die jeden Menschen, ob christlich oder nicht, berühren und an das Gewissen eines jedes Einzelnen appellieren. Deswegen war es uns auch besonders wichtig, dass sich das Parlament selbst mit diesen Fragen beschäftigt. Wenn Sie sich den Bericht ansehen, werden Sie feststellen, dass es viele Positionen gibt, die nicht nur parteiübergreifend sind, sondern von jedem humanistisch denkenden Menschen mitgetragen werden können.
Frage: Hoffen Sie mit dem Bericht auch Einfluss auf die Bundespolitik nehmen zu können?
Arenhövel: Wir haben das Thema natürlich in die Landtage getragen, weil wir zwar das erste Parlament sind, das sich mit dem Problem der Menschenwürde in Grenzsituationen beschäftigt, aber nicht das einzige bleiben sollten. Einige Empfehlungen, die wir gegeben haben, sollten auch in die Bundesgesetzgebung Eingang finden. Wir sind darüber hinaus im Kontakt mit der Enquetekommission des Deutschen Bundestages, und ich hoffe, dass es nicht nur zu lebendigen Diskussionen über unseren Bericht, sondern auch zu einer echten Partnerschaft kommt.
Frage: Wie haben die Kirchen reagiert?
Arenhövel: Die Kirchen haben unsere Arbeit sehr aufmerksam begleitet und uns unterstützt. Wir haben mit Professor Josef Römelt, (von der Katholisch- Theologischen Fakultät der Universität Erfurt -d. Red.) einen sehr profilierten Theologen und Ethiker in unserer Mitte gehabt, der immer sehr integrativ gewirkt hat, der versucht hat, die unterschiedlichsten Positionen zusammenzubringen und auch in seiner menschlichen Art sehr befruchtend für die Arbeit war.
Interview: Andreas Schuppert
Aufgenommen in die Online-Ausgabe: Donnerstag, 05.02.2004